Steinbrück ist sauer "Seehofer täuscht Öffentlichkeit"
16.03.2009, 14:22 UhrBundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) hat der CSU vorgeworfen, mit ihren Vorstößen zur teilweisen Ermäßigung der Mehrwertsteuer die Öffentlichkeit zu täuschen. "Es ist inzwischen unsäglich, wie die CSU ihre politische Verantwortung als Teil dieser Koalition verleugnet. Fakt ist: Das jetzige Mehrwertsteuer-Regime in Deutschland wurde mit Beteiligung der CSU im Koalitionsvertrag vereinbart", erklärte Steinbrück.
CSU-Chef Horst Seehofer hatte zuvor der SPD und Steinbrück persönlich die Verantwortung dafür zugewiesen, dass vor der Bundestagswahl im September eine teilweise Mehrwertsteuer-Senkung nicht mehr realistisch ist. Steinbrück hatte auf EU-Ebene zugestimmt, den Mitgliedstaaten die Möglichkeit zu geben, ihre Sätze zu senken - will davon für Deutschland aber keinen Gebrauch machen.
"Herr Seehofer täuscht die Öffentlichkeit darüber, dass er am Tisch des Bundeskabinetts an allen Debatten über ein begrenztes deutsches Angebot für einen europäischen Kompromiss beteiligt war, wobei immer ungetrübte Klarheit darüber bestand, dass Deutschland von entsprechenden Optionen definitiv keinen Gebrauch machen würde", sagte Steinbrück. Seehofer rede "dem Publikum nach dem Munde". "Jeder Ablenkungsversuch auf die SPD oder namentlich mich ist durchsichtig." Wenn die CSU weitere Ausnahmen vom regulären Mehrwertsteuer-Satz verlange, widerspreche sie ihrer eigenen Forderung nach einem einfacheren Steuersystem.
CDU ebenfalls genervt
Auch in der CDU wächst die Verärgerung über Seehofer. "Die Zeit der Spielchen ist vorbei", warnte die stellvertretende CDU-Vorsitzende Annette Schavan in der "Augsburger Allgemeinen". Schavan gilt als Vertraute von Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Seehofer habe so lange in der Bundespolitik Verantwortung getragen, dass er die Arbeit der Großen Koalition nicht weiter zerreden sollte. "Wer seine eigenen Beschlüsse kleinredet, schadet sich letztlich selbst", warnte Schavan. Nachdem die Union zuletzt den Eindruck erweckt habe, nicht geschlossen zu sein, "wird es Zeit, wieder zu alter Form zurückzufinden".
Im Streit um den künftigen Kurs von CDU und CSU warnte die Forschungsministerin vor einer stärkeren Konzentration auf konservative Positionen. "Mich stört es, dass manche so tun, als seien die Konservativen die besseren Christdemokraten", sagte Schavan. Ihre Partei sei immer dann am besten gewesen, wenn christlich-soziale, liberale und konservative Inhalte die Balance gehalten hätten. "Dieses Zusammenspiel ist grundlegend für die CDU. Sie ist eben nicht alleine eine konservative Partei."
Seehofer legt Pause ein
Beim Streitthema Mehrwertsteuer hat Seehofer unterdessen nachgegeben: Eine Reform zugunsten arbeitsintensiver Branchen soll nach dem Willen der CSU erst nach der Bundestagswahl erarbeitet werden. CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt sagte der "Financial Times Deutschland", in der Großen Koalition sei es nicht möglich, zu einem vernünftigen Ergebnis in dieser Frage zu kommen. Die CDU hatte eine Mehrwertsteuer-Reform vor der Wahl abgelehnt.
Dobrindt forderte allerdings, bereits jetzt müssten Grundzüge einer neuen Mehrwertsteuersystematik in das Wahlprogramm der Union aufgenommen werden. Der CSU-Generalsekretär wies die Kritik seines CDU-Kollegen Ronald Pofalla zurück, der den unionsinternen Streit als Ursache für schlechte Umfragewerte bezeichnet hatte. Viel problematischer als die inhaltlichen Debatten selbst sei es, wenn diese Debatten nicht geführt würden, behauptete Dobrindt.
Seehofer betonte vor einer CSU-Vorstandssitzung in München, die CSU halte "natürlich" am Ziel einer Mehrwertsteuerreform fest. Eine rasche Reform sei aber "mit dieser SPD" nicht zu machen. CDU und CSU wollten die Forderungen deshalb in ihr gemeinsames Programm zur Bundestagswahl schreiben. Darin sei sich die CSU mit der CDU und Merkel einig.
Quelle: ntv.de