"Dialog einleiten" Seehofer will nach Prag
23.05.2010, 14:31 Uhr
Seehofer hatte bereits vor einem Jahr auf dem 60. Sudetentag Tschechien eine "Politik der ausgestreckten Hand" angeboten und sich in Prag angekündigt.
(Foto: AP)
Erstmals nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wird ein bayerischer Ministerpräsident offiziell nach Prag reisen. Es sei Zeit für eine Begegnung auf oberster Ebene, so Seehofer auf dem Sudententag in Augsburg. Bislang scheiterten Bayern und Tschechien immer am Streit um die Benes-Dekrete.
Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer hat beim Sudetendeutschen Tag eine offizielle Reise nach Prag angekündigt. Er werde nach der Bildung einer neuen tschechischen Regierung in der zweiten Jahreshälfte das Nachbarland besuchen und dort Gespräche führen, sagte der CSU-Chef in Augsburg - es sei Zeit für eine Begegnung auf oberster Ebene. Es wäre der erste Besuch eines bayerischen Regierungschefs in Tschechien nach 1945.
Bislang war ein offizielles Treffen auf Staatsebene zwischen Bayern und Tschechien immer am Streit um die sogenannten Benes-Dekrete gescheitert. Die bis heute geltenden Dekrete schufen die Voraussetzung für die 1945 von den Alliierten im Potsdamer Abkommen gebilligte Ausweisung der deutschen Minderheit aus der Tschechoslowakei.
Seehofer sagte, es sei eine Selbstverständlichkeit, dass er in Prag auch auf die Beachtung von Volksgruppenrechten hinweisen werde. "Ich will einen Dialog einleiten, bei dem ich auch die Benes-Dekrete ansprechen werde." Bei dem Besuch soll Seehofer von Repräsentanten der Sudetendeutschen begleitet werden.
"Geschichtlicher Zeitpunkt" ist gekommen

Die Suedetendeutsche Landsmannschaft traf sich zu ihrem traditionellen Pfingsttreffen (Foto: Sprecher Posselt bei seiner Rede).
(Foto: dpa)
Der CSU-Europaabgeordnete und Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe, Bernd Posselt, sagte, der "geschichtliche Zeitpunkt" für diesen Besuch sei gekommen. Es werde sich um ein "Ereignis von großer Bedeutung" handeln. Die Sudetendeutschen fordern die Aufhebung der bis heute gültigen Benes-Dekrete, weil sie nach ihrer Auffassung völkerrechtswidrig sind und gegen die Menschenrechte verstoßen.
Das diesjährige Pfingsttreffen der Vertriebenen stand unter dem Motto "Gemeinsame Geschichte - Gemeinsame Zukunft in Europa". Nach Angaben der Organisatoren waren mehr als 10.000 Teilnehmer nach Augsburg gekommen.
Zur Verwirklichung der beschlossenen Stiftung "Flucht, Vertreibung, Versöhnung" sagte Seehofer, die bayerische Staatsregierung werde alles tun, die Realisierung des Projektes voranzutreiben. Bayern habe diese Initiative von Anfang an als ein "wichtiges nationales Anliegen" unterstützt. Die Sudetendeutsche Volksgruppe nannte er eine Gemeinschaft, die für Wahrhaftigkeit im Umgang mit der Geschichte und für Ausgleich und Dialog stehe.
Quelle: ntv.de, dpa