Widerstand aus den eigenen Reihen Seehofers Atom-Pläne in der Kritik
20.05.2011, 11:23 Uhr
Seehofer plant den Ausstieg bis spätestens 2022. Bleibt es bei dieser klaren Ansage?
(Foto: picture alliance / dpa)
In der CSU gibt es weiterhin Widerstand gegen die Atomausstiegspläne von Parteichef Seehofer. Besonders die Festlegung auf einen konkreten Zeitpunkt sorgt innerparteilich für Diskussionen. In der CDU wird unterdessen die Forderung nach klaren Kriterien für den Ausstieg laut.
In der CSU-Führung wächst offenbar der Widerstand gegen den Kurs von Parteichef Horst Seehofer beim Atomausstieg. Zum jetzigen Zeitpunkt könne man seriöserweise nicht sagen, wann das letzte Atomkraftwerk in Deutschland vom Netz gehen werde, sagte CSU-Vorstandsmitglied Stephan Mayer der "Passauer Neuen Presse". "Wir sollten uns nicht auf eine Jahreszahl festlegen", kritisierte der Bundestagsabgeordnete. Die CSU-Spitze berät zurzeit bei einer Klausurtagung über ihr künftiges Energiekonzept. Nach Seehofers Plänen soll auf dem Treffen im Kloster Andechs am Ammersee ein Konzept verabschiedet werden, das einen Ausstieg aus der Atomkraft bis spätestens 2022 vorsieht.
In der CSU-Landesgruppe im Bundestag sei es "vorherrschende Auffassung", besser auf ein Ausstiegsdatum im Energiekonzept zu verzichten, sagte Mayer weiter. Zwar sei es auch in der CSU Konsens, den Atomausstieg vorzuziehen, die Katastrophe von Fukushima sei eine Zäsur gewesen. Dennoch solle sich die Partei nicht auf eine Jahreszahl für den Ausstieg festlegen. Innerparteilich gibt es schon länger Diskussionen um das richtige Datum für den Ausstieg aus der Kernenergie. Ursprünglich hatte der bayerische Ministerpräsident das Jahr 2020 favorisiert.
Söder: "Impulse für die ganze Welt"
Der bayerische Umweltminister Markus Söder (CSU) verteidigte dagegen Seehofers Pläne von für einen raschen Ausstieg von der Atomenergie verteidigt. Er erhoffe sich eine Aussöhnung von Ökologie und Ökonomie, sagte Söder nach Medieninformationen. "Dieser Umstieg, den wir dann schaffen werden, der wird nicht nur auf Dauer das Land verändern, sondern auch Impulse für die ganze Welt setzen." Höhere Strompreise sind laut Söder dadurch nicht zwangsläufig zu erwarten. "Wir haben an der Strombörse jetzt keine großen Steigerungen, obwohl elf Meiler vom Netz gegangen sind", sagte er.
Laut Söder sieht es das CSU-Konzept unter anderem vor, die Bürger selbst zum Energieversorger zu machen. "Solche Ansätze werden meiner Meinung nach sehr erfolgreich sein", sagte der Umweltminister. Die Potenziale von erneuerbaren Energien müssten an der richtigen Stelle genutzt werden.
CDU-Politiker will klare Kriterien
Der Energie-Koordinator der Unions-Fraktion, Thomas Bareiß, äußert unterdessen Zweifel, ob sich allein auf Basis des Kriteriums Flugzeugabsturz die ältesten Atomkraftwerke stilllegen lassen. "Wir brauchen eine klare Begründung für die Abschaltung und keine Symbolpolitik. Die Entscheidungsgrundlage muss klar nachvollziehbar sein", sagte der CDU-Politiker. Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) hatte nach dem Bericht der Reaktorsicherheitskommission (RSK) angedeutet, dass mehrere AKW wegen eines fehlenden Schutzes vor Flugzeugabstürzen vom Aus bedroht sein könnten. Er nannte Biblis A und B, Brunsbüttel und Philippsburg I.
"Das Thema Flugzeugabsturz ist kein neues", betonte Bareiß, der auch Zweifel hat, ob es vermittelbar ist, bei diesem Restrisiko zwischen einzelnen Flugzeugtypen zu unterscheiden. Keines der 17 deutschen Kernkraftwerke ist gegen den Absturz der größten Maschinen geschützt. "Ich tue mich schwer damit zu sagen, ein Kernkraftwerk muss gegen den Absturz einer A320 gesichert sein, bei einer A380 hingegen wird das anders gesehen. Das ist doch dem Bürger gegenüber nicht mehr vermittelbar und hat mit einer objektiven Sicherheitseinschätzung nichts mehr zu tun", sagte Bareiß.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP