Keine Spur von einer außenpolitischen Panne Seibert verteidigt Merkels Vorgehen
09.09.2013, 13:56 UhrDer Ruf Merkels als Krisenmanagerin hat gelitten. Beim G20-Gipfel ließen die anderen Europäer die Kanzlerin hängen. Erst mit einem Tag Verzögerung stimmt auch Berlin einer Syrien-Erklärung zu. Von einer Panne will man dort nicht reden. Schließlich stimme das Ergebnis.
Die Bundesregierung wehrt sich gegen den Eindruck einer außenpolitischen Panne im Syrien-Konflikt. Regierungssprecher Steffen Seibert verteidigte das Vorgehen von Kanzlerin Angela Merkel auf dem G20-Gipfel in St. Petersburg und die spätere Zustimmung Berlins zur Syrien-Erklärung von US-Präsident Barack Obama und mehrerer europäischer G20-Staaten.
Seibert betonte in Berlin, es habe keine inhaltlichen Differenzen gegeben. "Wir hatten eine andere Vorstellung vom Procedere". Dieses werde nach wie vor für richtig gehalten. Unter dem Strich stehe ein ausgesprochen gutes Ergebnis, hieß es mit Blick auf die letztlich erreichte gemeinsame Position der Europäer und der danach erfolgten Zustimmung auch Deutschlands zum G20-Papier zu Syrien.
Obama hatte am Rande des Gipfels in St. Petersburg zehn andere G20-Länder für eine gemeinsame Erklärung gewonnen, mit der eine entschlossene Reaktion auf den Einsatz von Chemiewaffen im syrischen Bürgerkrieg gefordert wird. Ein Militärschlag gegen Syrien wurde darin aber explizit nicht erwähnt. Dem hatten sich am Rande des Gipfels unter anderem überraschend auch Frankreich, Großbritannien, Italien und Spanien angeschlossen. Merkel, die das so wohl nicht erwartet hatte, kritisierte am Wochenende das Vorpreschen der anderen großen EU-Länder auf dem G20-Gipfel.
Die CDU-Chefin hatte es abgelehnt, dass die fünf großen EU-Länder vor dem Treffen aller 28 EU-Länder am Samstag eine Linie vorgeben. Dies hätte aus ihrer Sicht eine gemeinsame Position erschwert. Sie verweigerte daher die Unterschrift und war zugleich davon ausgegangen, dass auch andere europäische G20-Länder das EU-Treffen abwarten werden. Was dann nicht der Fall war. Erst nach der Einigung aller 28 EU-Länder zog auch Berlin mit.
Opposition sieht diplomatisches Versagen
Die Opposition hatte der Kanzlerin einen Schlingerkurs vorgeworfen. SPD-Chef Sigmar Gabriel sprach von einem "Totalausfall der deutschen Außenpolitik." Er warf Merkel diplomatisches Versagen vor. "Die angeblich mächtigste Frau der Welt hat in St. Petersburg nicht einmal ein Gespräch mit Russlands Präsidenten geführt", sagte er dem "Spiegel". Russland ist bisher nicht bereit, Assad fallenzulassen und blockiert mit China den UN-Sicherheitsrat.
SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sprach von einem unwürdigen Hin und Her: "Die Bundesregierung findet keinen Standpunkt und verliert sich in wahltaktischen Überlegungen." Umfragen zufolge ist eine Mehrheit der Deutschen gegen einen Angriff auf die syrische Regierung, den auch die SPD ablehnt.
Seibert betonte indes, dass es der Bundesregierung in erster Linie um eine einheitliche Position aller 28 EU-Staaten gegangen sei - ohne Vorfestlegungen der fünf großen EU-Länder: "Deutschland wollte alles dafür tun, dass Europa mit einer einheitlichen Haltung und Stimme zum Syrienkonflikt auftritt." Europas Einigkeit sei für Deutschland von sehr hohem Wert. Der Sprecher des Auswärtigen Amtes sagte: "Im Nachhinein fühlen wir uns in unserer Linie bestätigt." Andere EU-Partner, die nicht zur G20 gehören, hätten Respekt gezeigt.
Der Kongress entscheidet
Die USA planen einen Militärschlag gegen das Assad-Regime, für den das Repräsentantenhaus am Dienstag grünes Licht geben soll. Anschließend wird sich zeigen, ob sich US-Präsident Barack Obama an die zeitlichen Vorgaben der Europäer halten wird. US-Außenminister John Kerry stellte Assad ein Ultimatum: Wenn er binnen einer Woche alle chemischen Kampfstoffe an die internationale Gemeinschaft überreiche, könne Assad einen Militärschlag der USA verhindern, sagte Kerry in London. Präsident Obama habe sich noch nicht festgelegt, ob er mit einem Militärschlag bis zum Ende der laufenden Untersuchungen der UN-Inspekteure warten will. Merkel hatte betont, sie würde am liebsten auch den 23. September und damit den Beginn der UN-Vollversammlung abwarten. Das wäre der Tag nach der Bundestagswahl.
Quelle: ntv.de, rts/dpa/AFP