Extremisten stellen Bedingungen Seoul sucht Treffen mit Taliban
03.08.2007, 06:59 UhrDie Entführer der in Afghanistan verschleppten Südkoreaner sind offenbar zu Gesprächen mit dem südkoreanischen Botschafter in Kabul bereit. Nach afghanischen Angaben gab es bislang keine Einigung über einen möglichen Gesprächsort. Laut Nachrichtenagentur dpa stellten die Taliban Bedingungen für ein bilaterales Treffen. Die Entführer wollen die südkoreanischen Unterhändler nach eigenen Angaben nur auf Taliban-Gebiet treffen. Der selbsternannte Taliban-Sprecher Kari Jussif Ahmadi schloss Orte wie die Bezirkszentren in der südostafghanischen Provinz Ghasni für eine Zusammenkunft aus.
Bei Reuters wiederum hieß es unter Verweis auf denselben Taliban-Sprecher, sie würden sich am Regierungssitz Kabul, an einem anderen Ort oder auch im Ausland mit südkoreanischen Vertretern treffen. Bedingung dafür sei, dass die UN ihre Sicherheit garantierten.
Die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap hatte zuvor unter Berufung auf Informanten berichtet, Unterhändler stünden mit den Taliban in Kontakt, um einen Treffpunkt für bilaterale Gespräche auszuhandeln. Seoul will sich durch direkte Verhandlungen mit den Taliban offenbar aus der Abhängigkeit von der afghanischen Regierung lösen, deren Delegation bislang keinen Durchbruch erzielt hat.
Seoul setzt auf Bush
Im Bemühen um eine Freilassung der 21 Geiseln setzt die südkoreanische Regierung auch auf ein bevorstehendes Treffen von US-Präsident George W. Bush mit dem afghanischen Regierungschef Hamid Karsai. Die Regierung hoffe, dass beide Politiker Verständnis für die Haltung Südkoreas hätten, sagte Präsidentensprecher Cheon Ho Sun in Seoul. Südkorea hat Washington und Kabul um Flexibilität in der Geiselfrage gebeten. Die USA haben Verhandlungen mit Terroristen abgelehnt. Auch die afghanische Regierung hat sich bislang geweigert, auf die Forderungen der Taliban einzugehen. Sie befürchtet, andernfalls weitere Entführungen zu provozieren. Auch Sicherheitsberater Baek Jong Chun, der als Sonderbeauftragter nach Kabul reiste, konnte die afghanische Regierung nicht umstimmen. Baek kehrte inzwischen nach Seoul zurück.
ai appelliert an Entführer
Amnesty International appellierte unterdessen an die Entführer, die Gruppe freizulassen. Geiselnahme und Tötung von Geiseln sei ein Kriegsverbrechen, erklärte die Menschenrechtsorganisation in einem Telefonat mit dem selbsternannten Taliban-Sprecher Ahmadi. Wer solche Taten begehe, müsse vor Gericht gestellt werden, so ai-Generalsekretärin Irene Khan. Ahmadi habe Amnesty gesagt, die Taliban versuchten, "dieses Thema akzeptabel zu lösen". Eine Zusage, dass den Geiseln nichts geschehe oder sie sofort freigelassen würden, habe er aber nicht gegeben, erklärte die Organisation mit Sitz in London.
"Potenzielle militärische Druckmittel"
Entgegen südkoreanischer Darstellung schließen die USA eine Militäroperation zur Befreiung der Koreaner anscheinend doch nicht aus. Ziel sei, die Geiseln friedlich freizubekommen. Doch müssten alle Druckmittel angewandt werden, um die Taliban zu ihrer Freilassung zu zwingen, sagte der für die Region zuständige Abteilungsleiter im Außenministerium, Richard Boucher, in Washington. "Es gibt Dinge, die wir sagen, Dinge, die andere sagen, Dinge, die in der afghanischen Gesellschaft getan und gesagt werden, und es gibt potenzielle militärische Druckmittel." Welche Formen der Druck auf die Taliban konkret annehmen könnte, ließ Boucher offen. Boucher äußerte sich kurz vor dem fürs Wochenende geplanten Treffen zwischen Bush und Karsai in Camp David.
Der südkoreanische Außenminister Song Min Soon hatte zuvor nach einem Treffen mit dem stellvertretenden US-Außenminister John Negroponte in Manila mitgeteilt, beide Seiten hätten sich darauf geeinigt, einen Militäreinsatz auszuschließen. Die Taliban haben für den Fall einer Militäroperation gedroht, die Geiseln zu töten.
Das Präsidialamt in Seoul bekräftigte, oberstes Ziel sei die sichere Rückkehr der Geiseln. Es stehe aber jenseits der Macht Südkoreas, die Taliban-Forderung nach der Freilassung von acht inhaftierten Gesinnungsgenossen zu erfüllen. Die Regierung wolle den Taliban bei den direkten Gesprächen verdeutlichen, dass Seouls Möglichkeiten in dieser Frage beschränkt seien.
Südkorea hatte bereits am Dienstag nach der Ermordung einer zweiten Geisel erklärt, man habe keine wirksamen Mittel, die Entscheidungen der afghanischen Regierung zu beeinflussen. Die 23 Südkoreaner, darunter 18 Frauen, waren am 19. Juli verschleppt worden. Zwei der Geiseln wurden von den Entführern erschossen.
Quelle: ntv.de