Politik

Zweiter Runder Tisch gescheitert Separatisten kämpfen ihren Anführer frei

Regierungschef Jazenjuk (3. v.r.) eröffnete die Diskussion in Charkow.

"Kann eine Wahl im Kanonendonner stattfinden?", fragt die Regierung in Moskau und fordert ein Ende der Kämpfe im Osten der Ukraine. Dort erzwingen prorussische Separatisten die Freilassung ihres Anführers. Ein zweiter Runder Tisch endet derweil ergebnislos.

Prorussische Kämpfer an einem Kontrollpunkt vor den Toren von Slawjansk.

Prorussische Kämpfer an einem Kontrollpunkt vor den Toren von Slawjansk.

(Foto: AP)

Mit einem Granatenangriff haben prorussische Separatisten in der Ostukraine die Freilassung eines kurz zuvor von ukrainischen Grenzschützern festgenommenen Anführers erzwungen. Der selbsternannte Gouverneur der Region Lugansk, Waleri Bolotow, sei am Samstagmorgen an einem Grenzposten zwischen Russland und der Ukraine festgenommen worden, erklärte ein Sprecher der ukrainischen Grenzschützer. Kurze Zeit später hätten rund 200 Kämpfer den Grenzposten umstellt und Bolotows Freilassung gefordert.

Nach einstündigen Verhandlungen hätten die Separatisten den Grenzposten mit Granaten angegriffen und Bolotow befreit. Ein Milizensprecher bestätigte die Freilassung des Separatistenführers: "Unsere Armee hat ihn befreit", sagte der Sprecher der selbsternannten "Volksrepublilk Lugansk", Wassil Nikitin.

Runder Tisch ohne Ergebnis

Regierungschef Jazenjuk (3. v.r.) eröffnete die Diskussion in Charkow.

Regierungschef Jazenjuk (3. v.r.) eröffnete die Diskussion in Charkow.

(Foto: REUTERS)

Derweil ist auch der zweite Runde Tisch zur Entschärfung des Konflikts in der Ukraine ohne greifbares Ergebnis zu Ende gegangen. Beobachter sprachen nach dem Treffen in der Stadt Charkow aber von einer deutlich besseren Gesprächsatmosphäre als zuletzt. Regierungschef Arseni Jazenjuk kündigte weitere Runde Tische an, um die von separatistischen Bestrebungen bedrohte Einheit des Landes zu erhalten. Wie beim ersten ergebnislosen Treffen in der Hauptstadt Kiew am Mittwoch blieben auch in der zweiten Runde die militanten prorussischen Kräfte außen vor.

Probleme bei der Wahlvorbereitung

Gut eine Woche vor der Präsidentenwahl am 25. Mai beklagt die Wahlkommission in Kiew massive Probleme im umkämpften Osten des Landes. Durch die Gefechte zwischen Regierungstruppen und schwer bewaffneten prorussischen Separatisten hätten in etwa einem Dutzend der Wahlbezirke noch nicht einmal die Vorbereitungen begonnen. Die militanten Kräfte, die in vielen Großstädten in der Ostukraine öffentliche Gebäude besetzen, hatten nach einem international nicht anerkannten Referendum am 11. Mai die unabhängigen Volksrepubliken Donezk und Lugansk ausgerufen. Die Wahlkommission forderte Interimspräsident Alexander Turtschinow auf, die Arbeit der regionalen Wahlbüros und das Recht der Bürger auf Teilnahme an der Abstimmung zu garantieren.

Möglicherweise weit mehr Opfer

Nach Schätzungen der Vereinten Nationen kamen seit Ausbruch des Konflikts etwa 250 Menschen ums Leben. Der selbst ernannte "Volksbürgermeister" der umkämpften Großstadt Slawjansk, Wjatscheslaw Ponomarjow, behauptete am Samstag, die Regierungstruppen hätten im Osten deutlich höhere Verluste erlitten als eingeräumt. Mindestens 650 Menschen seien seit Anfang Mai verletzt, gefangen oder getötet worden. Unter den Toten seien auch Mitarbeiter der CIA, des FBI und des ukrainischen Geheimdienstes SBU, brüstete er sich laut Agentur Interfax in einer Videobotschaft.

Die Regierung in Moskau bezweifelt, dass unter den gegebenen Bedingungen in der Ukraine am Sonntag kommender Woche eine legitime Präsidentschaftswahl abgehalten werden kann. "Können Wahlen im Kanonendonner wirklich den demokratischen Normen des Wahlprozesses entsprechen?", heißt es in einer Erklärung des russischen Außenministeriums. Moskau rief die ukrainische Regierung auf, die "militärischen Operationen" im Osten des Landes "sofort zu beenden".

Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit (OSZE) schickt für die Wahl etwa 1000 Beobachter in die Ukraine. Einer von ihnen, der Direktor der Europäischen Schule in Karlsruhe, Tom Hoyem, sagte: "Um das Chaos in der Ukraine zu beenden, braucht es eine demokratisch legitimierte Autorität. Die Präsidentenwahl ist der Anfang."

Quelle: ntv.de, ppo/dpa/AFP

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