EU-Kosovo-Mission Serbiens Regierung vor dem Aus
05.02.2008, 16:22 UhrZwei Tage nach dem Wahlsieg des pro- europäischen Präsidenten Boris Tadic in Serbien steht die Regierung des Landes wegen des Streits um ihre EU-Politik vor dem Ende. Regierungschef Vojislav Kostunica verlangte eine Eilsitzung des Parlaments, um die für Donnerstag vorgesehene Unterzeichnung eines Abkommens mit der EU über Erleichterungen für Serbien zu Fall zu bringen. Die EU verabredete Einzelheiten zur Entsendung von bis zu 2000 Fachleuten in die abtrünnige südserbische Provinz Kosovo. Der Schritt ist eine wichtige Voraussetzung auf dem Weg zur Unabhängigkeit dieser fast nur noch von Albanern bewohnten Region.
"Die Regierung steckt in einer tiefen Krise und ich fürchte, sie wird in diesem Monat fallen", sagte Infrastrukturminister Velimir Ilic. "Es gibt wirklich wenig Chancen, die Krise zu überbrücken", so dass Neuwahlen schon am 11. Mai stattfinden könnten. "Wenn Serbien unterschriebe, würde es als erster Staat ein unabhängiges Kosovo anerkennen", begründete Bildungsminister Zoran Loncar die Position von Regierungschef Vojislav Kostunica. Man könne mit Brüssel kein Abkommen abschließen, wenn die EU gleichzeitig das Kosovo von Serbien abtrennen wolle. "Das ist eine nackte Erpressung mit dem Ziel der Zerstückelung Serbiens", sagte Loncar als enger Kostunica- Mitarbeiter.
Die Regierung besteht aus der Kostunica-Partei DSS, der Partei des wiedergewählten Staatspräsidenten Tadic (DS) und der kleinen Wirtschaftspartei G17. Die DS und die G17 haben eine Mehrheit in der Regierung und wollen den EU-Vertrag am Donnerstag auf jeden Fall unterschreiben. Kostunica ist strikt dagegen. Er weigere sich, eine Regierungssitzung anzusetzen, weil er in dieser Frage im Kabinett in der Minderheit sei, berichtete die Zeitung "Blic". So wolle er die Unterschrift Serbiens verhindern.
Die EU-Staaten haben sich inzwischen in einem schriftlichen Verfahren auf die Rechtsgrundlage für die Entsendung ihrer Experten geeinigt, berichteten Diplomaten in Brüssel. Als nächsten Schritt muss die EU den Operationsplan für den Einsatz billigen. Am Ende muss die Mission formell beschlossen werden, was durch die Außenminister der Union bei ihrem turnusmäßigen Treffen am 18. Februar geschehen könnte. Die EU-Mission soll Aufgaben der UN-Kosovo- Verwaltung übernehmen. Ziel der überwiegenden Mehrheit der EU- Mitglieder ist die eingeschränkte Unabhängigkeit Kosovos unter Aufsicht Brüssels.
Kostunica richtete schwere Angriffe auf die EU wegen ihrer Kosovo- Politik. "Die EU bedroht mit ihrer Entscheidung direkt die Souveränität und Verfassungsordnung Serbiens", sagte er am Dienstag in Belgrad. Sie wolle einen "lügenhaften albanischen Staat auf serbischem Territorium schaffen". Die EU-Mission wolle "unseren Staat zerstückeln". Vor diesem Hintergrund sei das EU-Angebot für einen Vertrag mit Serbien "eine Täuschung".
Wann die Albaner im Kosovo ihre Unabhängigkeit ausrufen, ist weiter unklar. Die führende albanische Zeitung "Koha Ditore" tippte am Dienstag in Pristina auf den 17. Februar. Die Ratspräsidentschaft der EU hat das bestritten. "Wir kennen in der EU mehrere mögliche Daten, doch eine Entscheidung ist meines Wissens noch nicht gefallen", zitierten die Medien den slowenischen Außenminister Dimitrij Rupel in Ljubljana. Es gebe noch keine "gemeinsame Plattform für die Anerkennung der Unabhängigkeit des Kosovos". Es seien lediglich "Foyer-Gespräche" geführt worden.
Quelle: ntv.de