Gerichtshof verurteilt Deutschland Sexualtäter bekommt 12.000 Euro
28.06.2012, 16:04 UhrWeil ein gefährlicher Straftäter nach dem Absitzen seiner Haft weiter im Gefängnis festgehalten wurde, bekommt er nun Schmerzensgeld vom Staat. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte verurteilte Deutschland zu der Zahlung.

(Foto: dapd)
Deutschland muss einem in Sicherungsverwahrung untergebrachten Sexualstraftäter 12.000 Euro Schmerzensgeld zahlen. Dies ordnet der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte. Das Straßburger Gericht rügte, dass der Mann nach seiner Entlassung aus einer psychiatrischen Anstalt trotz festgestellter schwerer psychischer Störungen im Gefängnis untergebracht worden war. Dies widerspreche einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts über die Bedingungen der Sicherungsverwahrung.
Der in seinem Heimatland Rumänien einschlägig vorbestrafte Mann hatte zwischen 1991 und 1995 in Deutschland eine Reihe von Überfällen und Sexualstraftaten begangen. Unter anderem misshandelte er sowohl seine Ehefrau als auch seine Geliebte. Er prügelte die Frauen, würgte sie und fügte ihnen schwere Verletzungen im Gesicht und Genitalbereich zu. Seine Ehefrau zwang der Mann auch zur Prostitution.
Im Februar 1996 erkannte ein Gericht in München den Mann für strafrechtlich unzurechnungsfähig und ordnete seine Inhaftierung in einer psychiatrischen Einrichtung an. 2007 wurde seine Unterbringung in der geschlossenen Psychiatrie beendet. Danach ordnete das Landgericht München seine Unterbringung im Gefängnis von Straubing an, wo er noch heute einsitzt. Begründet wurde dies mit der Gefahr, der Mann könne erneut straffällig werden und Frauen angreifen. Das Gericht berief sich dabei auf Gutachter, die ihn als asozial, psychisch gestört und sexuell sadistisch beschrieben.
Gefängnis ist kein geeigneter Ort für die Sicherungsverwahrung
Die Straßburger Richter verwiesen auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Mai 2011, wonach Menschen in Sicherungsverwahrung in einer "geeigneten Institution" untergebracht werden müssen. Das Gefängnis von Straubing sei aber für Geisteskranke keine geeignete Institution. Der Beschwerdeführer bekomme dort keine individuelle Therapie angeboten, die Aussicht auf Erfolg biete. Dies sei kein "angemessenes therapeutisches Umfeld" für einen Menschen, der als Geisteskranker inhaftiert sei. Unter diesen Umständen sei seine Inhaftierung ein Verstoß gegen das Grundrecht auf Freiheit.
Das Urteil wurde von den sieben Richtern einer kleinen Kammer gefällt und ist nicht rechtskräftig. Dagegen können beide Seiten binnen drei Monaten Rechtsmittel einlegen. Der Gerichtshof kann den Fall dann an die 17 Richter der großen Kammer verweisen. Er muss dies aber nicht tun.
Quelle: ntv.de, AFP