Gewerkschaft fordert bessere Ausbildung Sicherheitspersonal im Visier
21.01.2010, 16:20 Uhr
Zwei Bundespolizisten im Flughafen von München.
(Foto: dpa)
Nach der Sicherheitspanne am Münchner Flughafen werden Rufe nach einer besseren Ausstattung und Schulung des Personals laut. Die für die Passagierkontrollen zuständigen Mitarbeiter stünden unter massivem Druck, kritisierte die Gewerkschaft der Polizei. Schuld sei die Privatisierung dieser Aufgabe in den 90er Jahren. Bundesinnenminister Thomas de Maiziere sprach von einem sehr ernsten Vorfall, der umfassend untersucht werde und gegebenenfalls Konsequenzen haben müsse. Der CDU-Politiker brachte zudem einen freiwilligen Einsatz der umstrittenen Körperscanner für Passagierkontrollen ins Gespräch. Über die Sicherheit des Luftverkehrs berieten auch die EU-Innenminister bei einem Treffen im spanischen Toledo.

Auf Flughäfen gibt es viele Männer mit Laptops.
(Foto: APN)
Ein Teil des Münchner Flughafens war am Mittwoch stundenlang gesperrt worden, nachdem bei der Untersuchung eines Laptops ein Sprengstoffdetektor anschlug, der Besitzer aber bereits den Sicherheitsbereich verlassen hatte. Er wurde auch bei einer anschließenden Fahndung nicht gefunden. Ein erster Verdacht, der Mann könnte Richtung Spanien weitergereist sein, musste die Polizei inzwischen aufgeben. Auch eine Auswertung der Videoaufnahmen vom Sicherheitscheck habe bislang nichts ergeben, teilte die Flughafenpolizei mit.
Die Behörden räumten Fehler ein. Vor allem handele es sich um ein individuelles Verschulden der Sicherheitsbediensteten, die den Mann mit dem verdächtigen Laptop hätten festhalten müssen. Das sagte der Regierungspräsident von Oberbayern, Christoph Hillenbrand, in München. Die Sicherheitsleute hätten auch die Bundespolizei schneller informieren müssen. Ein Bericht soll so schnell wie möglich Details des Vorfalls klären. Nach dem Vorfall in München verliefen die Kontrollen an den deutschen Flughäfen normal. Sprecher der Bundespolizei an den Flughäfen in Berlin und Hamburg erklärten, zusätzliche Maßnahmen seien bislang nicht ergriffen worden, da bereits hohe Sicherheitsstandards gälten.
Forderung nach besserer Ausbildung
"Wenn ein Mensch nicht funktioniert, dann haben wir da schon ein Problem in der Luftsicherheitskette", sagte der für die Bundespolizei zuständige GdP-Vorsitzende Josef Scheuring. Solche Pannen könnten passieren, da die Passagierzahlen stetig zugenommen hätten und der betriebswirtschaftliche Druck auf die Mitarbeiter immer größer werde: "Die Anforderungen an die Luftsicherheit sind die letzten Jahre dramatisch gestiegen." Gleichzeitig hätten sich aber die sozialen Rahmenbedingungen verschlechtert. Diese Entwicklung müsse korrigiert werden. "Wir fordern, dass diese Aufgabe wieder verstaatlicht wird, dass dort Menschen eingesetzt werden, die eine gute Ausbildung haben", sagte Scheuring. "Angst ist niemals eine gute Grundlage für arbeitende Menschen, und die stehen unter einem enormen Druck."
"1993 ist die Luftsicherheitskontrolle in Deutschland privatisiert worden. Wir haben diesen Weg schon von Anfang an für falsch gehalten", sagte Scheuring bei n-tv. Gleichzeitig hätten sich die Anforderungen nach dem 11. September 2001 nochmal deutlich erhöht. "Billiger ist an dieser Stelle aber nicht besser", so Scheuring. Die Gewerkschaft der Polizei fordere die Reprivatisierung. Diese Aufgabe müsse wieder ganzheitlich in staatliche Hand.
War ein Putzmittel schuld?
Scheuring sagte, das Münchner Geschehen sei zwar aus der Distanz nur schwer zu beurteilen. "Ich glaube, es hat niemals Gefahr bestanden. Es war offensichtlich so gewesen, dass ein Reisender mit seinem Laptop zur Luftsicherheitskontrolle kam, den dort abgegeben hat, der gescannt worden ist, aber auch durch das Sprengstoff-Spürgerät gelaufen ist und dieses Gerät dabei angeschlagen hat", erläuterte Scheuring bei n-tv. "Dann gab es ein Problem: Der Laptop ist weitergelaufen, der Reisende hat diesen Laptop wieder aufgenommen und ist wahrscheinlich ganz normal zu seinem Flugzeug gegangen. Ich glaube, dass der Flugreisende bis jetzt nicht weiß, dass er diesen Alarm ausgelöst hat." Das Sprengstoff-Spürgerät könne bereits anschlagen, wenn Reinigungsmittel für den Laptop verwendet worden sind, die eben auch diese chemische Reaktion auslösen.
Auch Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger forderte ausreichend gut qualifiziertes Personal an den Flughäfen. "Immer neue Sicherheitsmaßnahmen sind kein Allheilmittel", sagte die FDP-Politikerin. Ein Körperscanner etwa könne menschliches Versagen nicht verhindern.
Akzeptanz der Körperscanner testen
Innenminister de Maiziere nannte den Einsatz von Körperscannern als eine Möglichkeit zur Verbesserung der Sicherheit. Mit einer Entscheidung über den Einsatz der umstrittenen Geräte in Deutschland sei aber erst etwa im Sommer zu rechnen. "Vielleicht setzen wir sie auch als Angebot für Passagiere ein, um Vertrauen zu werben", sagte er im Deutschlandfunk. Denkbar wäre etwa, an Flughäfen eine Abfertigungsspur mit den Scannern und eine etwas langsamere mit herkömmlichen Kontrollen per Körperabtasten einzurichten. "Dann werden wir sehen, wie die Akzeptanz ist." Die Scanner sollten kein Personal ersetzen, aber es sinnvoll einzusetzen helfen.
Mehr "Sky-Mashals" in der EU
Die EU-Innenminister sprachen in Toledo über schärfere Kontrollen an Flughäfen und die Weitergabe der Daten zur Rasterfahndung. Demnach sollen künftig auch mehr Sicherheitsleute - bekannt als "Sky Marshals" - an Bord mitfliegen. "Wir prüfen die Möglichkeit, Sicherheitsleute an Bord einzusetzen", sagte EU-Justizkommissar Jacques Barrot nach dem informellen Treffen der EU-Minister. Verdeckt arbeitende "Sky Marshals" kommen in den USA seit Jahrzehnten zur Abschreckung von Flugzeugentführern zum Einsatz, auch in Deutschland fliegen sie vereinzelt mit.

Die EU-Innenminister tagten in Toledo - streng Sicherheitsmaßnahmen.
(Foto: REUTERS)
Die Fluggesellschaften sollen künftig im Kampf gegen den Terrorismus auch auf Strecken innerhalb Europas private Daten der Passagiere wie Telefon- und Kreditkartennummern an die Behörden geben - bislang ist dies zwischen den USA und der EU systematisch der Fall. "Die Weitergabe ist absolut nötig, denn Terroristen können ja auch ein Flugzeug von London nach Madrid nehmen", sagte der spanische Innenminister und derzeitige Ratsvorsitzende Alfredo Pérez Rubalcaba in Toledo.
Die USA vereinbarten mit den EU-Ministern eine bessere Zusammenarbeit im Kampf gegen den Terrorismus. Wer aus den USA kommt, muss künftig häufiger durch einen der umstrittenen Körperscanner gehen. Die US-Heimatschutzministerin Janet Napolitano kündigte in Toledo an, die Zahl der Scanner an amerikanischen Flughäfen von derzeit 40 auf 450 im nächsten Jahr zu erhöhen. "Die Scanner sind sehr hilfreich", sagte Napolitano. Die USA drängen die Europäer, ihre Vorkehrungen gegen Terroristen ebenfalls zu verbessern. Beim Rat konnten sich die EU-Minister aber nicht auf eine einheitliche Position zu den Scannern einigen. Bei dem informellen Treffen waren keine Beschlüsse erwartet worden.
Quelle: ntv.de, rts/dpa