UNICEF-Skandal Simonis feuert zurück
06.02.2008, 13:36 UhrDie zurückgetretene Vorsitzende von UNICEF Deutschland, Heide Simonis, wehrt sich gegen Kritik und hat den Vorstand zu personellen Konsequenzen aus den Verschwendungsvorwürfen aufgefordert. An der Glaubwürdigkeitskrise sei sie nicht schuld, sagte sie der "Frankfurter Rundschau". "Das Problem von UNICEF ist auf jeden Fall nicht Simonis." Sie fügte hinzu: "Jetzt sollte sich jedes Vorstandsmitglied fragen, ob es auch persönliche Konsequenzen zieht."
Zugleich erhob Simonis Vorwürfe gegen die Spitze der deutschen Sektion des Kinderhilfswerkes. Der unter Beschuss geratene Geschäftsführer Dietrichs Garlichs sei zwar sehr engagiert, aber seine Arbeit sei "vielleicht doch von Sorglosigkeit, Unbekümmertheit, Großzügigkeit und Schlamperei gekennzeichnet". Simonis bekräftigte ihren Vorwurf, es gebe "fragwürdige Vorgänge, wie zum Beispiel die hohen Summen für Beraterverträge".
UNICEF und vor allem Garlichs war vorgeworfen worden, hochdotierte Beraterverträge für pensionierte Mitarbeiter, fragwürdige Provisionen für Spendenvermittler sowie einen teuren Umbau der Kölner Zentrale aus Spendengeldern finanziert zu haben.
Der Interims-Vorsitzende Reinhard Schlagintweit wiederum warf Simonis vor, es habe ihr am Willen oder der Fähigkeit gemangelt, sich in schwieriger Lage hinter die Institutionen zu stellen. Er kündigte Reformen an, um das verlorene Vertrauen zurückzugewinnen. Garlichs soll aber im Amt bleiben.
UNICEF will Vertrauen zurückgewinnen
UNICEF Deutschland will mit einem Sechs-Punkte- Programm das Vertrauen der Spender zurückgewinnen. "Die Reform ist durch die Krise beschleunigt worden", sagte Garlichs in Berlin. Durch erhöhte Transparenz und verbesserte Kommunikation müsse das Vertrauen wiederhergestellt werden.
Wesentliche Fehler lagen nach Ansicht Garlichs vor allem in "Kommunikationsversäumnissen". Zu dem Vorwurf, es seien zu hohe Provisionen an externe Berater gezahlt worden, sagte Garlichs: "Es ist alles ordnungsgemäß abgewickelt worden und es ist kein Schaden entstanden."
Künftig soll es unter anderem einen transparenteren Geschäftsbericht und regelmäßige Überprüfung der Geschäftsleitung durch externe Fachleute geben. Verträge sollten nach Möglichkeit ausgeschrieben werden, persönliche Geschenke müssten angezeigt beziehungsweise abgelehnt werden. "Wir müssen auch wieder deutlich machen, für welche Sachthemen wir stehen", sagte Garlichs. Provisionsverträge seien generell "die absolute Ausnahme", versicherte er. Er habe seit geraumer Zeit keine solchen Verträge mehr geschlossen.
Schlagintweit machte seiner Vorgängerin Heide Simonis Vorwürfe. Ihr habe die Fähigkeit gefehlt, sich in einer schwierigen Situation voll hinter das UNICEF-Komitee zu stellen. Man sei enttäuscht, dass die Krise nicht gemeinsam bewältigt wurde, sagte auch UNICEF-Botschafterin Sabine Christiansen.
Jahrzehntelange Arbeit beschädigt
Christiansen betonte, sie sei mehr als traurig, weil Fehler und die aktuelle Krise die jahrzehntelange Arbeit beschädigt hätten. "Hier sind keine Spenden veruntreut worden", versicherte sie. Die Sprecherin der ehrenamtlichen Arbeitsgruppen, Carmen Creutz, sprach von einem "Alptraum für alle ehrenamtlichen Mitarbeiter". Die Situation beschädige die ehrenamtliche Arbeit.
Garlichs räumte ein, er habe über Rücktritt nachgedacht. "Das ist doch klar in so einer Krise", sagte er. Ein Rückzug aus seinem Amt hätte jedoch signalisiert, dass die schweren Vorwürfe berechtigt seien. Eine Gefahr, das Spendensiegel zu verlieren, das als Zeichen der Seriosität von Hilfsorganisationen gilt, sehe er nicht.
Quelle: ntv.de