Pannen beim Secret Service Sind die Obamas noch sicher?
01.10.2014, 19:40 Uhr
(Foto: imago/UPI Photo)
Das Weiße Haus gilt als einer der sichersten Orte der Welt. Doch Obamas Leibgarde macht derzeit alles andere als eine gute Figur. Dass die Präsidenten-Familie bei mehreren Patzern der Skandaltruppe nicht zu Hause war, verdankt sie nur glücklichen Zufällen.
Einmal soll Michelle Obama wegen einer schweren Panne beim Secret Service so laut geschrien haben, dass ihre Stimme durch eine geschlossene Tür zu hören war. Ein Schütze, der eigenen Angaben zufolge ein Attentat auf den US-Präsidenten plante, feuerte aus einem Auto heraus mehrere Schüsse auf das Weiße Haus. Erst vier Tage später, als eine Haushälterin Glasscherben auf dem Truman-Balkon entdeckte, wurde bekannt, dass der Amts- und Wohnsitz von Barack Obama überhaupt von Kugeln getroffen wurde.
Schon bei diesem Vorfall im Jahr 2011 hatte Obama Glück, denn er und die First Lady waren nicht zu Hause, wie die "New York Times" schreibt - anders als die jüngere Obama-Tochter Sasha, die sich mit Michelles Mutter Marian Robinson im Weißen Haus aufhielt. Dass nun zwei neue, ungewöhnliche schwere Pannen des Secret Service ans Licht gekommen sind, stellt den "mächtigsten Mann der Welt" vor die Frage, wie sicher er und seine Familie in den eigenen vier Wänden eigentlich noch sind.
Nur dem Zufall war es anscheinend zu verdanken, dass der Irak-Veteran, der vor knapp zwei Wochen über den Zaun des White House sprang und bis weit ins Haupthaus vordringen konnte, den Präsidenten nicht antraf und angreifen konnte. Der Mann trug ein Klappmesser mit einer gezackten, fast zehn Zentimeter langen Klinge bei sich. Obama hatte das Gebäude 15 Minuten vorher samt seiner Töchter mit einem Hubschrauber verlassen, so die "Washington Post".
Unangenehme Fragen über Fragen
Zu Recht stellen Politiker im Kongress der Secret Service-Direktorin Julia Pierson nun sehr unangenehme Fragen. Warum wurden die Hunde nicht auf den Zaunspringer losgelassen? Wie konnte der Mann mehr als 60 Meter über das von Dutzenden Agenten bewachte Grundstück sprinten? Warum drückte niemand den großen roten Knopf auf einer der vielen sogenannten "Crash Boxes", die dann an jedem Sicherheitsposten Alarm schlagen? Und warum war die Tür zum Haupteingang nicht abgeschlossen? Reformen seien notwendig, räumt sogar Obamas Sprecher Josh Earnest im CNN-Interview ein. Aber wird das reichen?
Und auch bei Obamas Besuch der Seuchenbehörde CDC in Atlanta vor zwei Wochen erlaubten sich die eigentlich erstklassig ausgebildeten Personenschützer einen kaum vorstellbaren Patzer: Sie ließen einen bewaffneten, dreifach verurteilten Ex-Straftäter mit Obama in einen Aufzug und bemerkten nicht einmal, dass er bewaffnet war. Erst als der Mitarbeiter einer privaten Sicherheitsfirma kurz darauf gefeuert wurde und seinem Vorgesetzten die Dienstwaffe überreichte, wurde das Ausmaß der Panne klar. Die strengen Sicherheitsprotokolle verbieten, dass sich Bewaffnete in unmittelbarer Nähe des Präsidenten aufhalten.
350 Agenten zählt die Leibgarde
Seit der Ermordung von Präsident John F. Kennedy im Jahr 1963 ist der Secret Service zu einem gewaltigen Sicherheitsapparat herangewachsen. Waren am Schicksalstag in Dallas, Texas noch 29 Agenten für den Schutz des Präsidenten zuständig, teilen sich diese Aufgabe laut einem Bericht des "Wall Street Journal" heute rund 350 Agenten. Insgesamt hat die Behörde etwa 3400 Agenten und ein Budget von rund 1,7 Milliarden Dollar (1,3 Mrd Euro). Allein die Prüfung der täglichen Post auf verdächtige Inhalte schlägt jährlich mit 18 Millionen Dollar (14,2 Mio Euro) zu Buche.
Die Leibgarde schützt Ex-Präsidenten, deren Ehegatten und Kinder unter 16 Jahren, die wichtigsten Anwärter auf das Amt des Präsidenten und Vizepräsidenten sowie hochrangige Besucher aus dem Ausland. Doch die wichtigste Aufgabe ist und bleibt der Schutz des Präsidenten. Zu Recht zeigte sich der Abgeordnete Darrell Issa nach der Panne von vor zwei Wochen entsetzt: "Wie in aller Welt konnte das passieren?" Sehr fragwürdig scheint, dass der Eindringling ausgerechnet von einem Secret-Service-Agenten gestoppt wurde, der gerade dienstfrei hatte. Allein in den letzten fünf Jahren sprangen 16 Menschen über den Zaun der beliebten Touristenattraktion im Herzen Washingtons. "Es geht nicht einfach um einen besseren Zaun oder mehr bewaffnete Wächter", sagt Obamas Sprecher Earnest.
Der Regierungssitz eines demokratischen Staates solle offen und zugänglich wirken. Doch der Secret Service, der schon mit durchzechten Nächten, einem Prostitutionsskandal und betrunkenen Agenten Schlagzeilen gemacht hat, wird sich bessern müssen. Denn Obama, so schreibt die "Washington Post", wurde bereits dreimal so vielen Bedrohungen ausgesetzt wie sein Vorgänger.
Quelle: ntv.de, Johannes Schmitt-Tegge, dpa