Politik

Sorge um Libanon Siniora beruhigt Bevölkerung

Zum ersten Mal seit neun Jahren hat der Libanon kein Staatsoberhaupt mehr. Ministerpräsident Fuad Siniora sagte, es gebe aber keinen Grund zur Beunruhigung. Sein Kabinett habe nach der gescheiterten Präsidentenwahl im Parlament die Funktionen des Staatsoberhaupts übernommen. Die Opposition unter Führung der pro-syrischen Hisbollah erklärte jedoch, das Land habe keine anerkannte Regierung mehr. Das Parlament hatte sich am Freitag nicht auf einen Nachfolger für Präsident Emile Lahoud einigen können, dessen Mandat um Mitternacht auslief. Die Präsidentenwahl wurde zum fünften Mal verschoben.

Lahoud, der die Legitimität der westlich orientierten Regierung unter Siniora nicht anerkannt hatte, übertrug die Verantwortung für die Sicherheit im Land der Armee. Es bestehe die Gefahr eines Ausnahmezustands, sagte er am Freitagabend zur Begründung. Doch Ministerpräsident Siniora erklärte am Samstag, es gebe keinen Ausnahmezustand. Bei einer Vakanz des Präsidentenamtes gehe die Macht des Präsidenten an das Kabinett über. Hauptaufgabe seiner Regierung sei nun, die Präsidentenwahl zum Abschluss zu bringen.

Die Präsidentenwahl war an den unüberwindbaren Gegensätzen der anti-syrischen Regierungskoalition und der von Syrien und dem Iran gestützten Opposition gescheitert. Parlamentspräsident Nabih Berri verschob die Wahl daraufhin auf den 30. November. Ohne einen Konsens der rivalisierenden Gruppen fürchten viele Libanesen ein Wiederaufflackern des Bürgerkriegs, der von 1975 bis 1990 in dem Land des Nahost-Staat tobte.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon zeigte sich "höchst besorgt" über die Lage im Libanon und appellierte an alle Parteien, Ruhe zu bewahren. Das Machtvakuum hatte am Samstag keine unmittelbaren Auswirkungen auf das Leben in der Hauptstadt Beirut. Geschäfte und Cafes öffneten wie gewöhnlich und der Verkehr floss ungehindert. Die Armee lockerte ihre Kontrollen, nachdem sie für die Parlamentssitzung am Freitag zahlreiche Einsatzkräfte in Stellung gebracht hatte. Der Präsident des Libanon kommt traditionell aus dem Lager der maronitischen Christen. Ministerpräsident Siniora kam am Samstag mit dem Patriarchen dieser Glaubensgemeinschaft, Nasrallah Sfeir, zusammen.

Die Opposition unter Führung der schiitischen Hisbollah betrachtet Sinioras Regierung als illegitim, seit im vergangenen Jahr mehrere schiitische Minister zurücktraten. Es wurde damit gerechnet, dass die USA, die Vereinten Nationen, die Europäische Union und arabische Staaten wie Saudi-Arabien, Ägypten und Jordan die Autorität von Sinioras Regierung anerkennen würden. Der Konflikt im Libanon zeigt die Rivalitäten in der Region zwischen den USA und ihren Verbündeten einerseits und der Allianz zwischen Syrien, dem Iran und der Hisbollah andererseits.

Quelle: ntv.de

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