Prodi gewinnt Mehrheit Skepsis bleibt
01.03.2007, 06:36 UhrNach dem knappen Vertrauensvotum für Ministerpräsident Romano Prodi (67) werden die skeptischen Stimmen in Italien nicht leiser. Kommentatoren stellten am Donnerstag die Frage, wie lange sich die Mitte-Links-Koalition angesichts ihrer internen Konflikte an der Regierung halten kann. Linksradikale Kritiker im Koalitionslager kündigten bereits offen an, in Streitfragen wie bei der Rentenreform und dem Afghanistaneinsatz weiterhin mit Nein zu stimmen. Zugleich wird der Ruf nach einem neuen Wahlrecht immer lauter. Dagegen sagte Justizminister Clemente Mastella: "Die Regierung ist wie der Schiefe Turm von Pisa. Er neigt sich, aber er fällt nicht."
Beim Vertrauensvotum am Mittwochabend im römischen Senat erhielt der seit vergangenem Mai regierende Prodi lediglich zwei Stimmen mehr als die absolute Mehrheit. 162 Senatoren stimmten für, 157 gegen ihn. Nur mit Hilfe mehrerer unabhängiger Senatoren auf Lebenszeit schaffte die Koalition die Mehrheit. Oppositionspolitiker sprachen vom "Todeskampf der Regierung". Wegen der unsicheren Mehrheit handele es sich um ein "Übergangskabinett, das nur bis zum Sommer überdauert".
Zugleich stellte Prodi am Donnerstag auch in der Abgeordnetenkammer die Vertrauensfrage. Die für Freitag geplante Abstimmung gilt aber als Formsache, weil das Mitte-Links-Lager in der Kammer über eine sichere Mehrheit verfügt. Die Regierungskrise war von kommunistischen Kritikern in den eigenen Reihen ausgelöst worden, die Prodi in einer Abstimmung über den weiteren Einsatz italienischer Truppen in Afghanistan die Unterstützung entzogen.
Einer der beiden "Dissidenten", der Trotzkist Franco Turigliatto, sagte, man wolle auch weiterhin in Streitfragen wie Afghanistan-Einsatz, Renten und dem geplanten Hochgeschwindigkeitszug Lyon-Turin gegen Prodi stimmen. "Das ist nicht das Mandat, das wir vom Wähler erhalten haben."
Die Mailänder Zeitung "Corriere della Sera" meinte, es bestehe "ziemlicher Zweifel an der Dauer dieser Regierung und dieser Legislatur". Ein anderer Kommentator schrieb, Realisten müssten anerkennen, dass man mit einer derart knappen Mehrheit kaum regieren könne. Die wichtigste politische Aufgabe in Italien sei daher eine schnelle Wahlrechtsreform, die endlich stabile Mehrheiten garantiert.
Quelle: ntv.de