Krieg in Nahost So funktioniert der "Iron Dome"
10.07.2014, 12:17 Uhr
Über der israelischen Stadt Ashdod zerstört der "Iron Dome" eine palästinensische Rakete.
(Foto: dpa)
Militärische Konflikte zwischen Israel und den Palästinensern sind immer asymmetrisch: Die Palästinenser haben Raketen und Artilleriegeschosse, Israel hat Kampfflugzeuge und eine professionelle Armee. Und es hat die "Eisenkuppel".
Frieden ist die Zeit zwischen zwei Kriegen - wenn dieser zynische Spruch irgendwo gilt, dann im Nahen Osten. Allerdings ist dort selbst der Friede nicht friedlich: Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen gehört für die Bewohner des Süden Israels zum Alltag. Die israelische Luftwaffe reagiert ihrerseits regelmäßig mit Luftschlägen auf Ziele im Gazastreifen.
Im eigentlich "friedlichen" ersten Halbjahr dieses Jahres wurden mehr als 450 Raketen aus dem Gazastreifen auf Israel abgefeuert. Das Arsenal der militanten Palästinensergruppen im Gazastreifen ist nach Angaben der israelischen Armee gut gefüllt: Rund 10.000 Raketen sollen in dem winzigen Küstengebiet lagern, in Tunneln, Wohnhäusern oder auch Kindergärten. Nach israelischer Darstellung handelt es sich nicht nur um selbstgebastelte Kassam-Raketen, sondern auch um iranische Fadschr-5-Raketen, die Ziele bis weit in den Norden Israels erreichen können.
Die Fadschr-5 (auch bekannt als M75) können bis zu 80 Kilometer weit fliegen - Tel Aviv und Jerusalem liegen damit in ihrer Reichweite. Zusätzlich sollen militante Palästinenser im Gazastreifen über einige hundert Mittelstreckenraketen vom Typ M-302 verfügen. Die M-302 ist eine syrische Rakete mit einer Reichweite von 160 Kilometern. Erst im März hatten israelische Einheiten im Roten Meer den Frachter "Klos C" gestoppt, weil er, versteckt unter Zementsäcken, Raketen vom Typ M-302 geladen hatte. Doch nicht alle Lieferungen können verhindert werden: Am Mittwoch schlug eine M-302 in Chadera ein. Die Küstenstadt liegt 120 Kilometer nördlich des Gazastreifens.
Israel wird von "Eisenkuppel" geschützt
Der Beschuss aus dem Gazastreifen hat zuletzt dramatisch zugenommen. Die Liveticker der israelischen Medien registrieren Einschläge und Sirenenalarm teilweise im Minutentakt; allein in den 48 Stunden seit dem vergangenen Dienstagmorgen wurden 250 Raketen auf Israel abgefeuert. Dennoch gab es bislang keine Toten durch palästinensischen Raketenbeschuss. Denn Israel wird geschützt von einer "Eisenkuppel".
Dieser "Iron Dome" ist ein in Israel mit finanzieller Unterstützung der USA entwickeltes Raketenabwehrsystem. Als es im Gaza-Krieg 2012 erstmals eingesetzt wurde, war es der Stolz des Landes. So funktioniert es: Mobile Radareinheiten ermitteln Raketen und Artilleriegeschosse, die auf Israel abgeschossen werden, und zeichnen ihre Flugbahnen auf. Die Daten werden in ein Kontrollzentrum übermittelt, in dem das Ziel der Rakete berechnet wird. Zugleich werden die Möglichkeiten für einen Abschuss berechnet. "Wir erstellen hunderte Lösungen und wählen die beste aus", sagte Natan Barak, der Chef des Unternehmens, das die Software für die "Eisenkuppel" entwickelt hat, vor zwei Jahren.
Der Abschuss einer Abfangrakete kostet rund 50.000 US-Dollar. Geschosse, die außerhalb von Ortschaften niedergehen, werden daher nicht abgefangen. Für alle anderen wird von einer weiteren mobilen Station eine Abfangrakete abgefeuert. Noch während des Fluges wird die Abfangrakete mit aktualisierten Daten aus dem Kontrollzentrum gefüttert. Im Idealfall wird die Rakete dann über unbewohntem Gebiet zerstört. Je kürzer die Flugbahn, desto schwieriger ist die Zerstörung einer Rakete. Vom Moment der Entdeckung eines Geschosses bis zum Abschuss der Abfangrakete bleibt teilweise weniger als eine Sekunde Zeit.
Auf diese Weise hat die "Eisenkuppel" seit dem vergangenen Dienstag mehr als 60 Raketen aus dem Gazastreifen abgefangen, die sonst auf israelischen Städten niedergegangen wären. Die Erfolgsquote liegt nach Angaben der israelischen Armee bei nahezu 90 Prozent.
Im Gazastreifen gibt es weder eine eiserne Kuppel noch Luftschutzräume. Seit Beginn der aktuellen Luftangriffe starben dort mehr als 70 Menschen.
Quelle: ntv.de, mit dpa