"Das kann 2017 funktionieren" So heftig umgarnen sich Union und Grüne
27.07.2014, 14:21 Uhr
Im Herbst scheiterte Schwarz-Grün auch an der Kanzlerin, sagt Jürgen Trittin. Ob es 2017 anders ausgeht? Union und Grüne bekunden in diesen Tagen jedenfalls besonders auffällig ihre gegenseitigen Sympathien.
(Foto: picture alliance / dpa)
Nach der Bundestagswahl scheitern die Koalitionsverhandlungen zwischen Union und Grünen. Doch abseits der Großen Koalition nähern sich beide Seiten nun fleißig an. Dabei meldet sich auch einer zu Wort, der es im Herbst versaut haben soll.
Wer ist denn nun Schuld daran, dass es nicht geklappt hat? Horst Seehofer hat seine eigene Version. "Schwarz-Grün wäre schon beim letzten Mal möglich gewesen, wenn Jürgen Trittin nicht mit am Tisch gesessen hätte", sagte der bayerische CSU-Ministerpräsident der "Welt am Sonntag". Der Verantwortliche, der frühere Grünen-Fraktionschef, sagte wiederum dem "Spiegel": "Die Gespräche sind gescheitert, weil es bei der Energiepolitik nie ein ernsthaftes Angebot gab", so Trittin, "Angela Merkel wollte nicht. Punkt."

Im Herbst 2013 führten Union und Grüne Gespräche über eine Koalition.
(Foto: picture alliance / dpa)
Ob Trittin oder Merkel: Glaubt man den Protagonisten, dann waren es also vor allem Personen, an denen Schwarz-Grün bei den Koalitionsverhandlungen im Herbst 2013 gescheitert ist. Union und SPD einigten sich daraufhin auf eine Große Koalition. Eine glückliche Verbindung? Jein. Der ganz große Krach ist mit Ausnahme der Edathy-Affäre bisher zwar ausgeblieben, aber ganz so innig ist das Bündnis offenbar auch nicht.
So kann man zehn Monate nach der Bundestagswahl den Eindruck gewinnen, dass vor allem die Union eifrig an neuen Koalitionsperspektiven für 2017 arbeitet. CDU- und CSU-Politiker flirten in diesen Tagen ganz eifrig mit den Grünen - und die zwinkern fleißig zurück.
"Wege gefunden, mit Gegensätzen umzugehen"
Den Anfang machte Volker Bouffier Anfang Juli. Der CDU-Ministerpräsident in Hessen ist nicht irgendein Christdemokrat. Das, von dem viele seiner Parteikollegen noch träumen, ist für ihn bereits Alltag. Seit Januar führt Bouffier in Wiesbaden das erste schwarz-grüne Regierungsbündnis in einem Flächenland. Der Mann weiß also, wovon er spricht. Und er sagte: "Wir sind nicht die Blaupause für Deutschland. Aber man kann zeigen in einem großen und bedeutenden Land, dass CDU und Grüne erfolgreich arbeiten." Ob das nicht auch im Bund möglich sei? "Wenn die Inhalte stimmen - sicher", sagte er. "Da sind Hürden zu überwinden, das ist uns in Hessen aber auch gelungen. Wir haben Kompromisse geschlossen und wir haben Wege gefunden, auch mit Gegensätzen umzugehen."
Auch Bouffiers Koalitionspartner in Hessen, der grüne Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir, sparte nach einem halben Jahr gemeinsamen Regierens nicht mit Lob gegenüber dem Koalitionspartner. "Wenn wir das gut machen, dann wird das sicherlich auch eine Frage sein, die man in anderen Ländern oder im Bund stellt, wenn's denn so weit ist." Nur, wann ist es soweit? Glaubt man den beidseitigen Sympathiebekundungen dann können es Schwarze und Grüne gar nicht erwarten, endlich auch im Bund miteinander Politik zu machen.
Große Komplimente
Nahezu euphorisch äußerte sich Grünen-Chef Cem Özdemir über eine Rede, die Kanzlerin Merkel im Juli in Peking hielt. "Die Kanzlerin hat in Teilen das Grundsatzprogramm der Grünen vorgetragen. Es ging um die Energiewende, Nachhaltigkeit, Genderfragen, soziale Gerechtigkeit, sogar Lesben und Schwule fanden Erwähnung." Merkel versuche, aus den grünen Ideen eine deutsche Geschichte, ein Deutschland-Projekt zu machen. Das sei "ein ganz großes Kompliment an uns Grüne".
Damit war der schwarz-grüne Sommerflirt längst noch nicht beendet. Der nächste Protagonist: Peter Tauber. "Wenn die Grünen sich ein bisschen in die Mitte bewegen und ihre Scheu vor der Union ablegen, kann das 2017 funktionieren", sagte der CDU-Generalsekretär der "Welt". "Und wenn ich etwas dazu beitragen kann, werde ich das tun." Bei Katrin Göring-Eckardt, Fraktionschefin der Grünen, klingt die Annäherung so: "Wir schließen nichts aus, wir verabreden auch nichts." Aber möglich wär's.
Bis zur nächsten Bundestagswahl im Herbst 2017 bleibt noch viel Zeit. Doch bis dahin könnte es nach Hessen noch weitere schwarz-grüne Experimente auf Länderebene geben. Das gilt wohl vor allem für die Wahlen in Sachsen (31. August 2014), Bremen (2015), Berlin, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt (2016).
Auch die CSU scheint sich mit Schwarz-Grün inzwischen anfreunden zu können. Seine Hoffnung ruhe auf Pragmatikern wie Göring-Eckardt, sagte Parteichef Horst Seehofer. Mit solchen Leuten könne man reden. "Das ist keine ideologische Frage mehr, sondern eine Frage von Personen." So viel ist sicher: Wenn Schwarze und Grüne in drei Jahren wieder verhandeln, dürfte es wohl leichter werden als im Herbst 2013. Auch weil Jürgen Trittin nicht mehr dabei sein wird.
Quelle: ntv.de, cro