Bhuttos Erbe Sohn wird PPP-Chef
30.12.2007, 07:50 UhrDrei Tage nach der Ermordung der pakistanischen Oppositionsführerin Benazir Bhutto hat ihre Partei die Weichen für die Zukunft gestellt. Bhuttos Sohn, ein 19-jähriger Oxford-Student, übernimmt als ihr Nachfolger den Vorsitz der Pakistanischen Volkspartei PPP und wird dabei von seinem Vater unterstützt. Zugleich kündigte die Partei an, dass sie an den für den 8. Januar geplanten Wahlen teilnehmen wird.
Unterdessen gingen die Spekulationen über die Ursache des Todes der Oppositionsführerin weiter. Im Westen wuchs am Wochenende die Sorge, dass sich die Lage in dem Atomstaat weiter destabilisieren könnte.
Die Nachfolgeregelung gab der Ehemann der Ermordeten, Asif Ali Zardari, auf einer landesweit übertragenen Pressekonferenz bekannt. Der Witwer selbst will als Stellvertreter seines Sohnes Bilawal Bhutto Zardari fungieren und für die täglichen Amtsgeschäfte zuständig sein, bis der 19-Jährige sein Jurastudium an der Universität Oxford in England beendet hat.
Bhuttos Vermächtnis
Der Sohn bedankte sich auf der Pressekonferenz für das Verrauen, das ihm die Parteiführung entgegengebracht habe. Er wolle die Arbeit seiner Mutter in ihrem Sinne fortführen. Seine Mutter habe immer gesagt: "Demokratie ist die beste Vergeltung". Benazir Bhutto hatte für den Fall ihrer Ermordung ein politisches Vermächtnis verfasst, in dem sie ihren Ehemann als Nachfolger bestimmte. Dieser schlug dann aber seinen Sohn als Parteichef vor. Als bezeichnend für die künftige Rollenverteilung bezeichneten Beobachter die Art, wie der Witwer verhinderte, dass sein Sohn Fragen der Journalisten beantwortete. "Er mag unser Vorsitzender sein, (...) aber er ist im zarten Alter", erklärte der Vater zur Begründung, warum nur er selbst Fragen beantwortete.
Unklarheit über Wahlen
Unklar war noch, ob die Wahlen wie geplant am 8. Januar stattfinden. Darüber soll nach einer Kabinettssitzung am Montag in Absprache mit den Parteien entschieden werden. Die zweite große Oppositionspartei, die Muslim-Liga (PML-N), von Ex-Premier Nawaz Sharif, hatte nach der Ermordung Bhuttos angekündigt, sie sei für einen Boykott der Wahl. Sollte aber die PPP teilnehmen, werde sie sich ebenfalls beteiligen.
Spekulationen um Bhuttos Tod
Unterdessen gab es weiter sehr unterschiedliche Angaben über den Hergang des Anschlags auf Bhutto und die genaue Todesursache. Nach Angaben eines Bhutto-Vertrauten wurde sie vor dem Anschlag auf ihr Fahrzeug durch einen Schuss schwer verletzt. Bhutto habe aus einer Wunde im Nacken geblutet, berichtete Safdar Abbassi der britischen Zeitung "Sunday Telegraph". Nach pakistanischen Regierungsangaben war der Tod dagegen durch einen Schädelbruch infolge der Druckwelle einer Bombenexplosion verursacht.
Ein Sprecher von Bhuttos Volkspartei hatte den Bericht des Innenministeriums zur Todesursache am Samstag zurückgewiesen und erklärt: "Es war ein gezielter Mord durch einen Scharfschützen." Bhuttos Ehemann forderte eine internationale Untersuchung durch die UN wie im Fall des im Libanon ermordeten Ex-Ministerpräsidenten Rafik Hariri. Die PPP würde dabei auch London um Unterstützung bitten.
Der Witwer verwies in diesem Zusammenhang auf eine E-Mail Bhuttos an ihren US-Vertreter Mark Siegel, in der sie erklärte, sie wisse, wer sie ermorden wolle. PPP-Mitglieder hatten Kräfte innerhalb die Regierung von Präsident Pervez Musharraf für die Tat verantwortlich gemacht. Extremisten bestritten jede Beteiligung an dem Anschlag.
Sorge vor Eskalation der Lage
Im Ausland wurde die Entwicklung in Pakistan mit Sorge verfolgt. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) zeigte sich besorgt, dass die pakistanischen Atomwaffen bei einer weiteren Destabilisierung des Landes in die Hände islamistischer Terroristen fallen könnten. Das Attentat auf Benazir Bhutto habe eine Situation geschaffen, die sich "zur größten Krise in der Geschichte Pakistans ausweiten kann", sagte Steinmeier der "BamS".
Die US-Regierung forderte eine lückenlose Aufklärung des Mordanschlags. Es sei für Pakistan sehr wichtig, "die genauen Umstände ihrer Ermordung zu klären und die Verantwortlichen zu finden", sagte der Sprecher des Außenministeriums, Tom Casey. Für eine Verantwortung der Terrororganisation El Kaida gebe es noch keine unabhängige Bestätigung. Russland warnte vor einer "Radikalisierung der islamischen Welt". Nach Einschätzung Moskaus zeugt das Attentat in Pakistan von einem zunehmend "explosiven Gemisch aus Politik und Religion".
Quelle: ntv.de