FDP bringt Ost-CDU gegen sich auf "Soli"-Frage heizt Steuerstreit an
03.11.2011, 16:02 Uhr
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Die Auseinandersetzung in der schwarz-gelben Koalition über den richtigen Weg zur Entlastung der Bürger zieht immer weitere Kreise. CSU und FDP wollen den Umweg über eine Senkung des Solidarbeitrags nehmen, sogar seine Abschaffung steht im Raum. Ostdeutsche CDU-Abgeordnete drohen mit einem Veto. Finanzminister Schäuble muss moderieren.
Der Koalitionsgipfel am Sonntag rückt immer näher, und noch immer zeichnet sich keine klare Tendenz in der Auseinandersetzung um die geplante Steuerreform ab. Klar ist nur: Bundesfinanzminister Schäuble hält an seiner Position fest. Er muss jedoch noch einige Überzeugungsarbeit leisten. Teile der CDU und der Industrie äußern laute Vorbehalte gegen die geplanten Erleichterungen. Die FDP und die CSU favorisieren Entlastungen über den Solidarbeitrag, was wiederum die ostdeutschen Abgeordneten der CDU in Alarmstimmung versetzt.

Schäuble muss Überzeugungsarbeit leisten.
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Schäuble warb im "Hamburger Abendblatt" erneut für seinen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) abgestimmten Vorschlag, der die sogenannte kalte Progression abmildern soll. Diese kann bewirken, dass Beschäftigte bei Lohnerhöhungen in eine höhere Steuerstufe rutschen und dann prozentual stärker besteuert werden. Unter Einbeziehung der Inflation kann das real sogar zu einem Minus im Portemonnaie führen. Das Vorhaben droht jedoch im Bundesrat zu scheitern.
Ost-CDUler empört
Der von CSU und FDP ins Gespräch gebrachten Absenkung des Solidaritätszuschlags, die der Bundestag ohne die Länderkammer beschließen könnte, erteilte Schäuble erneut eine Absage. Unterstützung erfährt der Finanzminister aus den ostdeutschen CDU-Verbänden. Ein solcher Schritt "würde Begehrlichkeiten wecken, Gelder für den Osten zu kürzen", sagte der Sprecher der 45 ostdeutschen CDU-Abgeordneten im Bundestag, Arnold Vaatz. Er werde seinen Kollegen empfehlen, im Bundestag eine Kürzung des Soli nicht mitzutragen. Das könnte dazu führen, dass Schwarz-Gelb die für einen solchen Schritt notwendige Mehrheit im Parlament verfehlt.
Vaatz sagte, er sei sich der Rückendeckung von Fraktionschef Volker Kauder (CDU) bei seiner Ablehnung gewiss. "Er sieht die Dinge ähnlich." Aus Vaatz' Sicht "wäre es einer der größten Fehler, die augenblicklich erfreuliche Dynamik der Entwicklung im Osten durch eine nur symbolische Entscheidung in irgendeiner Weise zu gefährden". Die weiterhin notwendige Angleichung der Lebensverhältnisse in Ostdeutschland an westdeutsches Niveau dürfe nicht infrage gestellt werden. Dem Berliner "Tagesspiegel" hatte Vaatz gesagt: "Wer den Soli jetzt kürzt, beschwört eine Ost-West-Debatte herauf."
FDP stellt Soli zur Debatte
In der FPD tun sich besonders die ostdeutschen Verbände bei der "Soli"-Senkung hervor. Sachsens Liberale wollen den Solidaritätszuschlag bis 2014 sogar ganz abschaffen. Der "Soli" könne von 2012 an in drei Stufen mit einem Volumen von jeweils vier Milliarden Euro schrittweise gestrichen werden, schlug die Landes-FDP vor.
Die FDP-Fraktion im Bundestag will mit einer kurzfristigen "Soli"-Senkung Arbeitnehmer mit kleinen und mittleren Einkommen sofort entlasten. "Die FDP sollte sich auf eine Absenkung des Solidaritätszuschlags konzentrieren. Ein Gesetzentwurf zur Abmilderung der kalten Progression kostet zu viel Zeit und scheitert am Ende ohnehin an Rot-Grün im Bundesrat", heißt es in einem Papier der FDP-Bundestagsfraktion. Auch könnte bei 400-Euro-Jobs die bisher erhobene "Soli"-Pauschalabgabe von zwei Prozent gestrichen werden.
Warten auf Steuerschätzung
Völlig auf Entlastungen verzichten will die baden-württembergische CDU. Diese wären "der falsche Schritt zur falschen Zeit", sagte ihr Vorsitzender Thomas Strobl der "Frankfurter Rundschau". Auch der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) forderte einen Verzicht auf Steuersenkungen.
Am Freitag wird der Arbeitskreis Steuerschätzung seine Prognose über die erwarteten Staatseinnahmen vorlegen. Trotz der zuletzt wieder etwas schwächeren Konjunktur werden für das laufende und die kommenden Jahre deutliche Steuermehreinnahmen, verglichen mit der Schätzung vom Mai, erwartet.
Am Sonntag wollen die Spitzen der Koalition über verschiedene Modelle für die geplanten Steuerentlastungen verhandeln. An den Beratungen sollen auch die CDU-Ministerpräsidenten und ihre FDP-Stellvertreter teilnehmen. Beim letzten Koalitionsgipfel vor zwei Wochen hatten sich die Teilnehmer nicht auf einen einheitlichen Kurs einigen können, CSU-Chef Horst Seehofer lehnte die von Schäuble und Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) vorgelegten Vorschläge ab.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP