Kosten für die deutsche Einheit "Soli" ist verfassungswidrig
25.11.2009, 14:04 UhrErstmals in Deutschland erklärt ein Gericht den Solidaritätszuschlag für die ostdeutschen Bundesländer für verfassungswidrig. Das niedersächsische Finanzgericht verweist die Klage eines leitenden Angestellten gegen den "Soli" zur Klärung an das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.
Das niedersächsische Finanzgericht hat den Solidaritätszuschlag für Ostdeutschland für verfassungswidrig erklärt und damit die Diskussion um die Abschaffung der Sonderabgabe neu entfacht. Als erstes Gericht in Deutschland folgten die Richter einer Musterklage des Bundes der Steuerzahler gegen den "Soli" und verwiesen sie zur grundsätzlichen Entscheidung an das Bundesverfassungsgericht. Dasselbe Finanzgericht hatte bereits die Pendlerpauschale zu Fall gebracht.
In der Politik löste die Entscheidung umgehend eine Kontroverse aus. CSU- und FDP-Wirtschafts- und Finanzpolitiker zeigten Verständnis für die Haltung des Gerichts und plädierten für eine Überarbeitung des Zuschlags. Seitens der CDU im Bund hieß es dagegen, am "Soli" dürfe nicht gerüttelt werden. Ostdeutsche Politiker warnten davor, den von der Sonderabgabe unabhängigen "Solidarpakt" für Ostdeutschland aufzukündigen.
Bundesinnenminister Thomas de Maiziere zeigte sich zuversichtlich, dass die mit Unterbrechungen bereits seit 18 Jahren erhobene Abgabe weiter Bestand haben wird. "Das Bundesverfassungsgericht hat bereits die Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlags bestätigt. Ich bin da ganz gelassen", sagte er. Die Karlsruher Richter hatten im Jahr 1999 eine Verfassungsbeschwerde gegen das erste befristete "Soli"-Gesetz von 1991 abgewiesen. Seit 1995 gilt ein zweites Gesetz, in dem die Abgabe in einen unbefristeten Zuschlag umgewandelt wurde.
Rückzahlung droht
Gegen dieses Gesetz richtet sich auch die Klage in Hannover, mit der ein Angestellter Einspruch gegen seinen Steuerbescheid für 2007 erhoben hatte. Sollten die Karlsruher Richter der Klage stattgeben, drohen dem Staat jährliche Ausfälle von mehr als zehn Milliarden Euro sowie die Rückzahlung des Soli für mehrere Jahre.

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Richterin Georgia Gascard sieht für die zusätzliche Abgabe spätestens seit 2007 keine verfassungsrechtliche Berechtigung mehr. "Eine Ergänzungsabgabe dient nach den Vorstellungen des Gesetzgebers nur der Deckung vorübergehender Bedarfsspitzen", argumentierte sie nach Angaben des Gerichts. Die Förderung der deutschen Einheit durch den Soli habe sich aber inzwischen eindeutig als langfristige Aufgabe erwiesen. Deshalb sei die Abgabe der falsche Weg.
Der Präsident des Bundes der Steuerzahler, Karl Heinz Däke, rechnet mit einer eindeutigen Entscheidung. "Wir gehen davon aus, dass das Bundesverfassungsgericht innerhalb eines Jahres entscheidet", sagte der Sprecher des Finanzgerichts. Die Frage betreffe immerhin 60 Millionen Steuerzahler.
Bereits vor zwei Jahren erwies sich eine Entscheidung desselben Finanzgerichts als wegweisend. Es reichte eine Klage gegen die von der großen Koalition vorübergehend gekürzte Pendlerpauschale nach Karlsruhe weiter. Die Verfassungsrichter kippten dann Ende 2008 die Regelung. Der Fiskus musste die Pauschale für Berufspendler nachträglich wieder voll erstatten.
Milliarden zusätzlich
Der Solidaritätszuschlag brachte seit 1991 bisher gut 185 Milliarden Euro ausschließlich in die Kassen des Bundes. Für 2009 wird mit zwölf Milliarden Euro gerechnet. Der Zuschlag wurde 1991 nach der deutschen Einheit für ein Jahr zum Aufbau der neuen Länder kassiert. Die CDU/CSU/FDP-Koalition führte den Zuschlag dann 1995 erneut ein. Zunächst floss ein Zuschlag von 7,5 Prozent des Einkommenssteuer-Betrages an den Fiskus, seit 1998 sind es 5,5 Prozent.
Sachsens Finanzminister Georg Unland (parteilos) erklärte zur Gerichtsentscheidung, eine Überprüfung der Abgabe habe keinen Einfluss auf den Solidarpakt. Die darin für den Osten zugesagten Mittel seien nicht an den Soli gebunden, sagte er der "Leipziger Volkszeitung". Der CSU-Wirtschaftsexperte Hans Michelbach sagte der "Thüringer Allgemeinen", die Solidarität mit den ostdeutschen Ländern sei auch ohne den Steueraufschlag wichtig. Auch FDP-Fraktionsvize Carl-Ludwig Thiele forderte einen stufenweisen Abbau des Zuschlags im Rahmen einer Steuerreform.
Dagegen hält der finanzpolitische Sprecher der Unionsfraktion, der CDU-Politiker Leo Dautzenberg, an dem Zuschlag fest. "Die Union steht fest zum Aufbau Ost. Dazu leistet der Solidaritätszuschlag einen unverzichtbaren Beitrag", sagte er. Dieser sei gerade in der Krise unverzichtbar.
Quelle: ntv.de, rts