Sondierungsmarathon in Berlin Union und SPD beackern viele Punkte
14.10.2013, 23:45 Uhr
Ein Blick auf die Sondierungsrunde ist nicht mehr möglich.
(Foto: dpa)
Es geht ans Eingemachte: Nach stundenlanger Sondierung haben Union und SPD erst die Hälfte ihrer Themen abgearbeitet. Dann gab es eine Pause. Gut möglich, dass noch ein weiteres Treffen nötig wird. Etwaige schwarz-rote Koalitionsverhandlungen könnten sich lange hinziehen.
Union und SPD haben bei ihren zweiten Sondierungen hart um Annäherung bei strittigen Kernthemen gerungen. Die Gespräche wirkten fast schon so intensiv wie Koalitionsverhandlungen. Nach fünf Stunden war am späten Abend laut Teilnehmerangaben erst etwa die Hälfte der elf Punkte umfassenden Themenliste abgearbeitet. Gegen 21 Uhr unterbrachen die Unterhändler die Gespräche für eine Pause. Kurz vor Mitternacht zogen sich die Vertreter von CDU/CSU und SPD dann zu getrennten Beratungen zurück. Notfalls könnte es eine dritte Verhandlungsrunde noch in dieser Woche geben. Bei den Grünen, die sich an diesem Dienstag erneut mit der Union treffen wollten, wuchs die Skepsis gegenüber Schwarz-Grün.
Nach Medieninformationen gab es weitgehende Übereinstimmung in der Europapolitik. Die "Rheinische Post" berichtete ebenfalls unter Berufung auf Teilnehmerkreise, SPD-Politiker hätten sich für einen Reformkurs in den Krisenländern und gegen eine isolierte Vergemeinschaftung der Schulden ausgesprochen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble hätten stärkere Wachstumsimpulse für südeuropäische Länder, ein Festhalten an einer Finanztransaktionssteuer sowie eine schärfere Regulierung der Finanzmärkte in Aussicht gestellt, schrieb die Zeitung. Offen geblieben sei lediglich, ob der europäische Rettungsfonds ESM künftig auch Banken direkt finanzieren soll.
Tauziehen um flächendeckenden Mindestlohn
Die SPD war vor dem Treffen bei ihrem Kernthema Mindestlohn hart geblieben. "Damit hier keine Missverständnisse aufkommen: Wir reden über einen gesetzlichen flächendeckenden Mindestlohn von 8,50 Euro in Ost und West", betonte SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles. Forderungen nach unterschiedlichen Mindestlöhnen in Ost und West sowie den Hinweis von Merkel auf die Tarifautonomie hatte sie bereits zurückgewiesen.
CDU und CSU wollen keinen gesetzlich festgelegten Mindestlohn, sondern durch eine Tarifkommission ausgehandelte regional- und branchenspezifische Lohnuntergrenzen. Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht sagte im rbb-Inforadio aber, die Union müsse bereit sein, einen flächendeckenden Mindestlohn zu akzeptieren - sonst werde es keinen schwarz-roten Koalitionsvertrag geben.
Die SPD ist bereit, von ihrer Forderung nach Abschaffung des Betreuungsgeldes abzurücken: Sie wolle für ein Modell werben, wonach die Länder mit Hilfe einer Öffnungsklausel selbst entscheiden können, ob sie die Leistung auszahlen wollen oder nicht, schrieb der "Spiegel". Die CSU will davon nichts wissen. "Wir werden das Betreuungsgeld den zahlreichen Eltern und Kindern, die in ganz Deutschland davon profitieren, ganz sicher nicht wieder wegnehmen", sagte CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt der "Welt".
Schwarz-Grün kommt wohl nicht
CSU-Chef Horst Seehofer hatte in München seine Präferenz für eine große Koalition unterstrichen und über Schwarz-Grün gesagt: "Ich kann nicht vier Jahre durchs Land laufen und sagen, das ist ein schönes Experiment." Die CSU werde in einer Telefonkonferenz am Mittwoch oder Donnerstag entscheiden, mit wem sie lieber über eine Koalition verhandeln will, sagte Bayerns Ministerpräsident weiter. Auch die CDU will diese Woche eine Entscheidung treffen. Zur Einschätzung von Schäuble, eine neue Regierung könne schon bis zum SPD-Parteitag Mitte November stehen, sagte Seehofer: "Das erscheint mit sehr anspruchsvoll."
CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe und sein CSU-Kollege Alexander Dobrindt legten laut "Bild"-Zeitung mit Grünen-Chef Cem Özdemir Themen für das schwarz-grüne Treffen fest. Auch mit den Grünen will die Union über Europa, Finanzen, Soziales, Föderalismus, Wirtschaft, Innere Sicherheit und Außenpolitik reden.
Im Parteirat der Grünen war man sich laut Teilnehmern weitgehend einig, dass es nicht nach Schwarz-Grün aussieht. "Vielleicht überrascht uns die Bundeskanzlerin, vielleicht überrascht uns Herr Seehofer mit irgendetwas", sagte Özdemir.
Quelle: ntv.de, dpa