Gutachten zur Gesundheitsreform Sozialausgleich verfassungswidrig
24.07.2010, 11:44 UhrDie Gesundheitsreform der schwarz-gelben Koalition verstößt offenbar in einem zentralen Punkt gegen das Grundgesetz. Zu diesem Ergebnis kommt ein Gutachten des Frankfurter Juristen Ingwer Ebsen im Auftrag der SPD. Das Gesundheitsministerium kritisiert das Gutachten als "unseriös".
Dem Verfassungsrechter Ingwer Ebsen zufolge widerspricht der Sozialausgleich für Geringverdiener in der schwarz-gelben Gesundheitsreform dem Gleichheitsgebot im Grundgesetz. So wie der Ausgleich funktionieren solle, stelle er das "Leitprinzip" der Krankenversicherung "auf den Kopf", zitiert die "Welt" aus einem Gutachten des Frankfurter Juristen, das die SPD in Auftrag gegeben hatte. Es komme zu einer Ungleichbehandlung von Kassenmitgliedern.
Bei der Berechnung des Sozialausgleichs werden laut Gutachten nur das Arbeitsentgelt und die Bezüge aus der gesetzlichen Rentenversicherung berücksichtigt. Andere beitragspflichtige Einkommen blieben außen vor. Das führe dazu, dass Kassenmitglieder, die tatsächlich ein höheres beitragspflichtiges Einkommen haben, unter Umständen leichter in den Genuss des Sozialausgleichs kommen als solche mit niedrigem Einkommen. Für diese Berechnungsart bestehe "ein hohes verfassungsrechtliches Risiko".
SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles sagte der Zeitung, nun habe ein renommierter Staatsrechtler bestätigt, dass die Pläne von Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) "nicht nur ungerecht, sondern verfassungswidrig sind". Sie bezeichnete die Gesundheitsreform als eine "ungerechte Murks-Reform". Tatsächlich gebe es gar keinen Sozialausgleich. "Das, was Herr Rösler als automatischen Sozialausgleich bezeichnet hat, verstößt gegen das Gleichheitsgebot und ist damit verfassungswidrig."
"Ein Gutachten, das zu einem noch nicht existierenden Gesetzesentwurf erstellt wird, kann nur politisch motiviert sein und ist fachlich unseriös", sagte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums. Die Versicherten könnten sicher sein, dass der Sozialausgleich "unbürokratisch und gerecht" ausgestaltet werde.
Quelle: ntv.de, AFP