Appell an Konzerne Sozialtarif für Energie
17.01.2008, 07:08 UhrAngesichts der drastisch gestiegenen Energiekosten hat Bundesumweltminister Sigmar Gabriel niedrigere Strom- und Gaspreise für arme Haushalte gefordert. "Alle Energieversorger sollten dauerhaft einen solchen Sozialtarif in der Grundversorgung anbieten", sagte der SPD-Politiker im Bundestag bei seiner Regierungserklärung zum Klimagipfel von Bali vom Dezember 2007.
"In einem so reichen Land wie Deutschland darf es keine Energie- oder Brennstoffarmut geben", so Gabriel. Klimaschutz werde nur auf diese Weise weiter die Unterstützung der Menschen haben. Einige Unternehmen böten bereits einen solchen Tarif in beschränktem Umfang an. Wenn dies mehr als PR sein solle, müssten weitere Schritte folgen, forderte Gabriel.
Die jährliche Energierechnung eines Drei-Personen-Haushalts sei seit 2000 von etwa 1.300 auf 2.200 Euro gestiegen. Für Geringverdiener sei eine Steigerung der monatlichen Energiekosten um 75 Euro aber "weiß Gott nicht egal", sagte Gabriel. Er verwies darauf, dass durch die kostenlose staatliche Zuteilung von Verschmutzungsrechten, deren Börsenpreis die Versorger in die Stromrechnung eingerechnet hätten, milliardenschwere Zusatzgewinne gemacht wurden.
Der SPD-Abgeordnete Reinhard Schultz sprach von 800.000 Haushalten, denen jedes Jahr die Anschlüsse von Gas- und Stromversorgern gesperrt würden. In den Genuss von billigerem Gas und Strom könnten etwa Haushalte kommen, denen auch die Rundfunkgebühren wegen Armut erlassen würden.
CSU will Steuerentlastung für Biosprit
Wegen drohender Pleiten in der Biokraftstoff- Branche wird in der Union der Ruf nach größerer Steuerentlastung beim Biodiesel lauter. CSU-Umweltsprecher Josef Göppel appellierte in der Debatte an Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD), die in Stufen beschlossenen Steuererhöhungen zu entschärfen. Solange es in Deutschland "nur Apothekermengen" beim Biokraftstoff als Beitrag zur Verringerung des Kohlendioxids gebe, "kann man doch nicht den einheimischen mittelständischen Markt abwürgen".
Wie zuvor Gabriel bezeichneten Göppel und die Vizevorsitzende der Unions-Fraktion, Katherina Reiche, die Klimaschutzverhandlungen von Bali als "vollen Erfolg". Der FDP-Abgeordnete Michael Kauch verwies jedoch darauf, dass es noch keine Einigung auf die Senkung des Treibshausgas-Ausstoßes gegeben habe. Auch beim Treffen der G8-Staaten sei diese nicht gelungen. Scharfe Kritik kam von den Grünen und der Linksfraktion.
Die stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Fraktion, Bärbel Höhn, äußerte sich empört über Gabriels Kohle- und Auto-Politik. In Bali habe Gabriel für den Klimaschutz gestritten, nach der Rückkehr sei er aber gleich gegenüber der Autoindustrie eingeknickt. Damit tue Gabriel auch dem Standort Deutschland keinen Gefallen. "Langfristig gefährdet er Arbeitsplätze, weil er die notwendige Umstrukturierung nicht voranbringt", sagte Höhn.
Gabriel: EU-Klimapolitik ist wettbewerbsfeindlich
Gabriel hatte zuvor die EU-Pläne zum Klimaschutz als Gefahr für den weltweiten Wettbewerb kritisiert. Die deutsche Autobranche sei davon genauso wie die Stahl-, Chemie- und Zementindustrie bedroht, sagte Gabriel. Der Stahl- oder Chemiebranche müssten Kohlendioxid-Verschmutzungsrechte auch nach 2012 kostenlos zugeteilt werden, damit sie im Wettbewerb mit China oder Indien bestehen könnten. Die EU will die Rechte nach dem Auslaufen des Kyoto-Vertrages grundsätzlich versteigern. Gabriel will diese Branchen davon jedoch ausnehmen. Die Stahlbranche hatte bereits vor einem Verlust von 50.000 Arbeitsplätzen gewarnt, wenn die ursprünglichen Pläne umgesetzt würden.
Als gefährlich bezeichnete der Minister auch EU-Überlegungen für einen Handel mit Ökostrom-Kontingenten in der Gemeinschaft. Dies sei nicht mit der Förderung von Strom aus Wind, Wasser oder Sonne über das deutsche Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) mit seinen festen Abnahmetarifen in Einklang zu bringen. Die Bundesregierung fürchtet durch einen solchen Handel eine Verteuerung des Ökostroms. Der Minister hatte die Pläne für den Ökostrom-Handel in einem Brief an die EU-Kommission bereits als unakzeptabel kritisiert.
Zudem erneuert Gabriel seine Kritik an der Umsetzung der CO2-Reduktion in der Autoindustrie, die die deutschen Hersteller mit ihren größeren Autos benachteilige. "Wenn Deutschland stark sein soll im Klimaschutz, müssen wir auch wirtschaftlich leistungsfähig bleiben", sagte der SPD-Politiker.
Die von Deutschland erwartete Verdoppelung des Anteils an Ökoenergie bis 2020 sei dagegen machbar. Danach sollen 18 Prozent der in Deutschland verbrauchten Energie aus erneuerbaren Quellen kommen. Dies werde mit den Beschlüssen der Koalition erreicht. "Das ist ein großer Erfolg der Politik der Großen Koalition."
Quelle: ntv.de