Defizit steigt auf neun Milliarden Euro Sozialversicherungen tiefrot
14.10.2009, 13:00 UhrSteigende Arbeitslosigkeit und mehr Kurzarbeit treiben die gesetzliche Sozialversicherung weiter ins Minus. Das Defizit von 4,2 Milliarden Euro aus dem ersten Quartal wuchs bis zur Jahresmitte um mehr als das Doppelte auf 9,2 Milliarden Euro, teilte das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mit. Das ist das größte Minus seit sieben Jahren. Zuletzt war das Defizit im Jahr 2002 ähnlich groß gewesen. Während die Bundesagentur für Arbeit (BA) tiefrote Zahlen schreibt, stehen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung noch vergleichsweise gut da, weil sich einige Reformen jetzt auszahlen.

Vom Finanzloch ist besonders die Bundesagentur für Arbeit betroffen.
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Im Vergleich mit dem ersten Halbjahr 2008 vergrößerte sich das Finanzierungsloch nach Angaben der Statistiker um 7,1 Milliarden Euro. Einem Plus von 1,7 Prozent bei den Einnahmen standen 4,7 Prozent höhere Ausgaben gegenüber. Der Grund sind hohe Verluste bei der BA. Kurzarbeit und Entlassungen ließen ihre Ausgaben im Vergleich zur ersten Jahreshälfte 2008 um 19,2 Prozent ansteigen. Gleichzeitig schrumpften die Einnahmen um 30,6 Prozent. Ein Grund ist die Senkung des Beitragssatzes der Arbeitslosenversicherung zum Jahresanfang um 0,5 Prozentpunkte. Unter dem Strich beträgt das Defizit der BA damit aktuell zehn Milliarden Euro.
Plus bei Kranken- und Pflegeversicherung
Besser stehen Kranken- und Pflegeversicherung da: Vor allem durch die Festsetzung eines einheitlichen Beitragssatzes zur gesetzlichen Krankenversicherung von zunächst 15,5 Prozent im ersten Halbjahr gab es ein Einnahmeplus von 8,8 Prozent. Auch wurde von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, Geld des Bundes aus dem zum Jahresanfang gestarteten Gesundheitsfonds eher zu kassieren. So überstieg das Plus der Ausgaben (6,1 Prozent) nicht den Zuwachs bei den Einnahmen. Die Folge ist ein Überschuss von 1,2 Milliarden Euro.
Die Beitragssatzerhöhung bei der Pflegeversicherung von 1,7 auf 1,95 Prozent im vergangenen Jahr sicherte dieser einen Überschuss von 0,4 Milliarden Euro. Bei der Rentenversicherung standen 1,1 Prozent mehr Einnahmen 1,8 Prozent mehr Ausgaben gegenüber.
Vier Prozent mehr Sozialhilfeempfänger
Die Zahl der Sozialhilfeempfänger in Deutschland steigt derweil weiter. Rund 325.000 Menschen erhielten 208 laufende Hilfen zum Lebensunterhalt. Das waren vier Prozent mehr als im Vorjahr, so das Statistische Bundesamt. Mehr als sieben von zehn Hilfeempfängern (72 Prozent) lebten Ende des vergangenen Jahres in Einrichtungen wie Wohn- oder Pflegeheimen. Das waren 3,8 Prozent mehr als im Vorjahr und ist der höchste Stand seit der Hartz-IV-Reform Anfang 2005.

Sieben von zehn Hilfeempfängern lebten 2008 in Wohn- oder Pflegeheimen. (Archivbild)
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Bei den Sozialhilfeempfängern, die nicht in Heimen leben, nahm die Zahl um 4,4 Prozent zu. Diese Menschen waren im Schnitt 40 Jahre alt und damit deutlich jünger als die Sozialhilfebezieher in Heimen mit 54 Jahren. Bundesweit erhielten Ende 2008 vier von 1000 Einwohnern laufende Hilfe zum Lebensunterhalt. Dies war nach Angaben der Behörde der gleiche Wert wie in den beiden Vorjahren. In Berlin lag der Anteil der Hilfeempfänger mit 6,4 je 1000 Einwohner am höchsten, in Baden-Württemberg mit 1,4 je 1000 Einwohner am niedrigsten.
Seit Anfang 2005 erhalten Bedürftige, die grundsätzlich erwerbsfähig sind, und deren Familienangehörige Leistungen nach Hartz IV. Die laufende Hilfe zum Lebensunterhalt wird an Menschen in Heimen gezahlt, die ihren Bedarf nicht mit Renten oder Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung decken können. Außerhalb von Einrichtungen bekommen diese Leistung vorübergehend Erwerbsunfähige, länger Erkrankte oder Vorruheständler mit niedriger Rente.
Quelle: ntv.de, dpa