Politik

Deutsche Unternehmen angeklagt Spähsoftware für Despoten

In Bahrain gehen Aktivisten immer wieder auf die Straße. Um den Protest zu organisieren, nutzen sie auch ihre Mobiltelefone und das Internet.

In Bahrain gehen Aktivisten immer wieder auf die Straße. Um den Protest zu organisieren, nutzen sie auch ihre Mobiltelefone und das Internet.

(Foto: REUTERS)

Computerprogramme fallen in der Regel nicht unter die Bestimmungen für Rüstungsexporte. Ein grobes Defizit in Zeiten von Cyberkriegen und Spähangriffen. Davon sind Menschenrechtler überzeugt. Sie pochen auf Reformen - zum Leidwesen einiger deutscher Firmen.

Syrien, Iran, China – in einer Reihe von Staaten ist Oppositionellen sowie religiösen und gesellschaftlichen Minderheiten eine freie Kommunikation nur über das Internet und Mobilfunknetz möglich. Und auch das nur in engen Grenzen. Denn Regierungen, die diese Gruppen zu unterdrücken versuchen, setzen alles daran, auch ihre letzten Gesprächskanäle zu sperren. Und dabei helfen deutsche Unternehmen. Diesen Vorwurf erheben zumindest Menschenrechtsgruppen. Reporter ohne Grenzen und drei weitere Organisationen haben eine internationale Beschwerde gegen die verantwortlichen Firmen eingereicht.

Im Fokus liegen die Unternehmen Trovicor und Gamma aus München. Beide stellen sogenannte Spähsoftware her, Programme also, die es erlauben, die Kommunikation auf Computern und Handys zu überwachen. Christian Mihr von Reporter ohne Grenzen sagt: Die Firmen hätten "Software in Länder exportiert, wo Menschenrechte und Pressefreiheit systematisch unterdrückt werden". Als Beispiel nannte Mihr das Königreich Bahrain.

Software schaltet Mikrofone ein

In dem Emirat protestieren seit knapp zwei Jahren Bürger gegen die Regierung. Aus gutem Grund. Davon ist zumindest die Menschenrechtlerin Maryam al-Chawadscha überzeugt. Sie klagt über "schwerwiegende und weitreichende Verletzungen der Menschenrechte". Al-Chawadscha berichtet von Aktivisten, die nach ihrer Festnahme im Verhör mit eigenen E-Mails und Telefonaten konfrontiert wurden.

Laut Eric King von "Privacy International" ist das ein typischer Fall. Die Software von Unternehmen wie Trovicor oder Gamma schalte unbemerkt die Mikrofone an Handys ein, um Gespräche zu belauschen, erklärt er. "In dieser Situation ist es fast unmöglich, sicher und geschützt zu kommunizieren."

Unternehmen weisen Vorwürfe zurück

Reporter ohne Grenzen und die anderen Menschenrechtsorganisationen legten ihre Beschwerde bei der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ein. In Deutschland wandten sie sich zudem an das Wirtschaftsministerium.

Die Beschwerde hat zwei Ziele. Erstens soll sie dazu führen, dass die OECD untersucht, ob die Unternehmen mögliche Auswirkungen ihrer Exporte auf die Menschenrechte in besagten Ländern überprüft haben. Dazu sind sie angeblich verpflichtet. Zweitens soll sie erreichen, dass die Ausfuhr solcher Computerprogramme strengeren Regeln unterworfen werden. Im Idealfall soll der Export von Überwachungssoftware unter die Bestimmungen des Wassenaar-Abkommens zur Kontrolle von Rüstungsexporten fallen.

Eine Sprecherin der Trovicor GmbH in München wies die Beschuldigungen zurück. Das Unternehmen halte sich generell an alle gesetzlichen Exportbestimmungen Deutschlands und der Europäischen Union. Trovicor habe mit seiner Software zur Analyse großer Datenbestände auch noch nie gegen Embargo-Bestimmungen der Länder verstoßen, in denen die Firma eine Niederlassung unterhalte, sagte die Sprecherin. Jeder Export-Vorgang werde vorab sorgfältig überprüft. Auch die deutsch-britische Firma Gamma widersprach den Vorwürfen.

Quelle: ntv.de, ieh/dpa

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