Stillstand oder "Normalität"? Spanien im Generalstreik
20.06.2002, 12:54 UhrEinen Tag vor Beginn des EU-Gipfels in Sevilla haben die spanischen Gewerkschaften mit ihrem ersten Generalstreik seit 1994 den Machtkampf mit der konservativen Regierung von Jose Maria Aznar gesucht. Mit landesweiten Aktionen protestierten sie gegen die von der Regierung beschlossenen Einschnitte in Kündigungsschutz und Arbeitslosenversicherung. Der Streik hatte auch Konsequenzen für Flugreisende aus Deutschland.
Nach Gewerkschaftsangaben kam es an mindestens drei Stellen in Madrid zu Handgemengen zwischen Streikenden und der Polizei. 29 Streikposten wurden nach Angaben der spanischen Polizei festgenommen, weil sie Personen daran hindern wollten, zur Arbeit zu gehen.
Die Gewerkschaften sprachen in einer ersten Bilanz von einer erfolgreichen Aktion. Der Streik war auf 24 Stunden befristet. In einer Erklärung der Regierung in Madrid wurden die Auswirkungen des Streiks dagegen als minimal bezeichnet. So verwies das Innenministerium darauf, dass der Stromverbrauch um 15 Prozent zurückgegangen sei: Das bedeute, dass der Arbeitsalltag mehr oder weniger normal vonstatten gehe. Der Oberste Gerichtshof hat den Gewerkschaftsdachverband angewiesen, eine Notversorgung aufrechtzuerhalten.
Die spanischen Zeitungen erschienen mit reduzierten Ausgaben. Das Fernsehen sendete - außer den Nachrichtenprogrammen - Filme und andere vorproduzierte Sendungen. Auf der Ferieninsel Mallorca versperrten Streikende den Bussen die Zufahrt zum Flughafen.
Der Streik ist der fünfte Generalstreik in Spanien seit der Wiedereinführung der Demokratie vor 25 Jahren. Beobachtern zufolge bedeutet dieser Ausstand die größte Herausforderung für Aznar seit seinem Amtsantritt im Jahre 1996. Er gilt zugleich als Demütigung der Regierung, die am Freitag und Samstag Gastgeber des EU-Gipfels in Sevilla ist.
Quelle: ntv.de