"Kriegserklärung" an Marokko Spaniens See-Sieg
17.07.2002, 07:57 UhrDie marokkanische Regierung hat die Einnahme der Mittelmeer-Insel Perejil ("Petersilieninsel") durch das spanische Militär eine „Kriegserklärung“ genannt.
Mit einem Militäreinsatz im Morgengrauen hatte Spanien die Insel Perejil zurückerobert. Es habe keine Verletzten gegeben, teilte die Regierung in Madrid mit. Spanien habe zuvor den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen informiert. Die Regierung in Madrid bezeichnete die Intervention als Akt der legitimen Selbstverteidigung, nachdem die Sicherheit Spaniens durch eine Aggression Marokkos bedroht gewesen sei.
Marokkanische Kritik
„Die Intervention verstößt gegen internationales Recht und ist ein verwerflicher Akt, der einer Kriegserklärung gleichkommt“, sagte Außenminister Mohammed Benaissa am Mittwochabend in Rabat nach einer Krisensitzung der Regierung unter Leitung von König Mohammed VI.
Die Insel sei integraler Bestandteil des marokkanischen Hoheitsgebietes, ergänzte Benaissa. Nach seinen Worten hatten Spanien und Marokko Stunden vor der Erstürmung der Insel durch das spanische Militär ein Übereinkommen erreicht, das unter bestimmten Bedingungen einen Abzug der marokkanischen Soldaten vorgesehen habe.
Der König habe das spanische Vorgehen scharf verurteilt und es eine flagrante Aggression gegen Marokko genannt, sagte ein Sprecher des Königshauses. Spanien wolle einen politischen Streit in einen militärischen Konflikt verwandeln.
Der Angriff
Unterstützt von sechs Hubschraubern, zwei Fregatten und U-Booten stürmten 28 Elite-Soldaten von Armee und Marine im Morgengrauen das nur 150.000 Quadratmeter große, unbewohnte Eiland. Das Kommando hatte ein Admiral. Die marokkanischen Soldaten hätten sich sofort ergeben. „Kein einziger Schuss ist gefallen“, sagte Verteidigungsminister Federico Trillo. „Die Operation war ein Erfolg, niemand wurde verletzt.“
Anschließend wurde die marokkanische Flagge entfernt und die spanische gehisst. Die gefangen genommenen Soldaten wurden Marokko übergeben. Die Insel werde vorerst besetzt bleiben, betonte Trillo. Die von Spanien und Marokko beanspruchte Insel war am vergangenen Donnerstag von zwölf marokkanischen Soldaten besetzt worden.
Die Insel liegt 200 Meter vor der Küste in marokkanischen Hoheitsgewässern. Es war Spanien 1668 von Portugal zugesprochen worden. Rabat beharrt aber darauf, dass sie mit der Unabhängigkeit 1956 an das nordafrikanische Königreich zurückgefallen ist. Dort wird die Insel "Leila" genannt.
Annan will vermitteln
UN-Generalsekretär Kofi Annan hat sich am Mittwoch als Vermittler im Konflikt zwischen Spanien und Marooko angeboten. Er sei sehr besorgt um die Entwicklung in der Mittelmeerregion, äußert Annan in einer von seinem Sprecher verbreiteten Erklärung aus New York. Demnach hat der UN-Chef mit beiden Konfliktparteien Kontakt aufgenommen.
Arabische Liga macht Druck
Der Generalsekretär der Arabischen Liga, Amre Mussa, forderte die spanische Regierung auf, ihre Soldaten von Perejil abzuziehen und sofort Verhandlungen mit Marokko aufzunehmen. Mussa warnte, der Vorfall werde nicht nur Auswirkungen auf die Beziehungen der beiden Nachbarstaaten haben, sondern auch auf die spanisch-arabischen Beziehungen allgemein.
EU unterstützt Spanien
Ebenso wie Spanien hatten die EU und die NATO deren sofortigen Abzug gefordert. Die EU ist wichtigster Handelspartner Marokkos. Nach Brüsseler Angaben stammen mehr als die Hälfte des marokkanischen Imports aus der EU, und sogar drei Viertel des marokkanischen Exports gingen in die Staaten der Union.
Quelle: ntv.de