Das Holocaust-Mahnmal Spatenstich in Berlin
30.10.2001, 09:11 UhrMehr als zwei Jahre sind seit der Entscheidung des Bundestags ins Land gegangen - am Dienstag war es soweit: In Berlin begannen die Bauarbeiten für das Holocaust-Mahnmal.
Bundestagspräsident Wolfgang Thierse vollzog den ersten Spatenstich für die Errichtung des Denkmals sowie für den Bau eines unterirdischen Informationszentrums. Rund 50 Mio. DM soll der vom amerikanischen Architekten Peter Eisenman entworfene Erinnerungskomplex zwischen Brandenburger Tor und dem Potsdamer Platz kosten.
Das Gelände wird zunächst nach Kriegsmunition durchsucht. Danach sollen die Tiefbauarbeiten für den "Ort der Information" an der südwestlichen Ecke des 19.000 Quadratmeter großen Areals beginnen. Hier soll am Beispiel von Einzelschicksalen der Leidensweg der Juden im Nationalsozialismus nachgezeichnet werden. Auch das Register der Opfer der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem mit mehr als drei Millionen Namen soll hier aufbewahrt werden.
Nach Eisenmans Vorstellung soll das Mahnmal mit seinen 2.700 Betonstelen eine sinnliche Wahrnehmung vom Schicksal der Juden im Nationalsozialismus vermitteln. Durch die unterschiedliche Höhe der Pfeiler, die zwischen einem halben und 4,50 Meter über den sandigen Boden herausragen werden, sowie der Neigung der Betonquader solle ein Gefühl von Chaos und Unruhe beim Betrachter entstehen.
Ursprünglich war der erste Spatenstich für den 27. Januar 2000 geplant, dem 55. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz. Doch die Debatte über Gestaltung und Kosten des Denkmals verzögerten den Baubeginn immer mehr. Als Stolperstein erwies sich der Vorschlag vom damaligen Kulturstaatsminister Michael Naumann, auf dem Mahnmal-Gelände zusätzlich ein Holocaust-Museum zu bauen. Nach Naumanns Wunsch sollte sich an dem Museum der amerikanische Filmregisseur Steven Spielberg mit seiner Multimedia-Dokumentation über Holocaust-Überlebende beteiligen.
Als Vorsitzender des Stiftungskuratoriums sprach Thierse ein Machtwort und setzte der Diskussion ein vorläufiges Ende. Statt Museum sollte einen abgespeckter unterirdischer Ergänzungsbau als "Ort der Information" dienen. Doch auch dies war nicht das letzte Wort. Immer wieder äußerten sich Politiker besorgt über eine angeblich drohende Kostenexplosion. Schließlich schuf der Bundestag Fakten und überwies im November 2000 die ersten 7 Mio. DM für den Baubeginn. Thierse nannte die Debatten über das Mahnmal am Dienstag einen "Ausdruck eines Prozesses der Verständigung über unsere Vergangenheit".
Für Aufregung sorgte noch in diesem Sommer die Initiatorin des Mahnmals. Mit dem als Provokation gedachten Spruch "Den Holocaust hat es nie gegeben" wollte die Journalistin Lea Rosh das Interesse an Spenden für das Erinnerungswerk mobilisieren. Doch der Schuss ging nach hinten los: Nach mehreren Klageandrohungen und erzürnten Protesten, unter anderem vom Präsidenten des Zentralrates der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, musste Rosh das Riesenplakat in unmittelbarer Nähe des Mahnmals abhängen lassen.
Quelle: ntv.de