Der Hoffnungsträger sagt Nein Spender warten auf Chris Christie
28.09.2011, 18:18 Uhr
Chris Christie in der Ronald Reagan Presidential Library in Kalifornien.
(Foto: AP)
Chris Christie gilt als eigentlicher Lieblingskandidat der Republikaner. Ihm trauen die Konservativen offenbar zu, Barack Obama 2012 zu besiegen - dabei ist er offiziell gar kein Kandidat. Nun hat er eine Rede gehalten, die fast wie eine Bewerbung klang. Doch er ziert sich weiter.
Wie oft soll er es noch sagen? "Auf keinen Fall, nein, ich bin noch nicht bereit", sagt Chris Christie in der Video-Montage eines amerikanischen Internetportals. Fast eine Minute lang ist der Clip, in dem der schwergewichtige Christie stets dieselbe Antwort liefert auf die Frage, ob er für die Republikaner als Präsidentschaftskandidat antreten würde: Nein, nein, nein. Doch seine Partei lässt nicht locker. Am Dienstag durfte Christie an einem für Konservative beinahe heiligen Ort sprechen, der Bibliothek des Ex-Präsidenten Ronald Reagan. Und was der Mann mit dem Mondgesicht der ablieferte klang für viele Republikaner wie die Worte eines zukünftigen "Commander-in-Chief".
Schon der Titel der Rede hatte staatsmännisches Format: "Wahre amerikanische Einzigartigkeit". Die USA sollten durch Innenpolitik im Geiste Reagans ihre Führungsrolle in der Welt wahrnehmen, so Christie, allen voran durch eine möglichst freie Marktwirtschaft. Barack Obama warf er vor, zu lange zu wenig getan zu haben und nun das Land spalten zu wollen. In Anspielung auf die umstrittene Reichensteuer erklärte Christie: "Er sagt denen, die sich fürchten und die es schwer haben, dass ihr Leben nur besser werden kann, wenn den Erfolgreichen etwas weggenommen wird. Das ist vielleicht eine gute Strategie für seine Wiederwahl, aber es ist eine demoralisierende Botschaft für Amerika."
Wahlkampf auch ohne Kandidatur
Es war eine Rede wie geschrieben für einen republikanischen Spitzenkandidaten: Amerikanische Vormachtstellung in der Welt durch wirtschaftliche und militärische Macht, das Vertrauen in die eigene Stärke und der Glaube an den freien, unregulierten Markt. Hätte Christie an diesem Abend erklärt, er wolle nun doch antreten, die Partei hätte ihn sofort auf das Schild gehoben - für Mitt Romney, Rick Perry und die anderen Kandidaten wäre das Rennen damit wohl um ein Vielfaches schwieriger geworden.
Doch Christie verwies nur schelmisch auf das inzwischen berühmte Video seiner vielen "Neins". Er bleibt draußen, obwohl ihn die Basis seit Monaten bekniet. "Ich flehe sie an", rief eine Republikanerin nach der Rede zu. Es war der Moment, den die US-Medien später genüsslich als Christies doppeldeutiges Ausweichmanöver deuteten: Er müsse mit ganzen Herzen hinter einer Kandidatur stehen, antwortete Christie der Frau. Was genau das bedeutet, ließ er offen, aber ein klares Nein klingt anders.
Und so gehen die Spekulationen weiter, schließlich hatte Christie die Rede für reichlich Eigenwerbung genutzt. Er habe in New Jersey das geschafft, wozu Präsident und Kongress nicht in der Lage seien: "Führung und Kompromisse". Bei seinen Zuhörern wollte Christie vor allem das Bild von sich selbst als Politiker im Sinne Reagans hinterlassen, was ihm auch gelang. Auf einer konservativen Webseite wurde das kategorische "Nein" gar mit General George Washingtons Absage an das Präsidentenamt verglichen: Auch der erste US-Präsident war bekanntlich wenig begeistert von seiner Ernennung zum Anführer der Nation.
Vom Staatsanwalt zum Gouverneur
Christie, Sohn einer Familie mit italienischen und irischen Wurzeln, gilt bereits seit langem als aufstrebender Star der Republikaner. Als Bundesstaatsanwalt in New Jersey machte sich der heute 49-Jährige einen Namen als erfolgreicher Korruptionsbekämpfer. Allerdings soll er selbst in dieser Zeit wiederholt Freunde und Geschäftspartner bei Ausschreibungen bevorzugt haben.
2009 kegelte Christie den damaligen Gouverneur von New Jersey, den Demokraten Jon Corzine, aus dem Amt. Wegen der hohen Schuldenlast des Bundesstaates rief er sogleich den "Notstand" aus und kürzte das Budget radikaler zusammen als je zuvor, vor allem durch Einsparungen im Bildungsbereich, in der Verwaltung und beim Transportwesen. Die Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes hat sich Christie damit zum Erzfeind gemacht: Er kürzte ihre Pensionsansprüche und führte höhere Pflichtbeiträge für die Krankenversicherung ein, und er versuchte (ohne Erfolg) ihren Einfluss als Wahlkampfspender einzudämmen - was vor allem den Demokraten geschadet hätte.
Für die Republikaner ist Christies Polit-Mischung aus fiskalischer Disziplin, niedrigen Steuern und staatlicher Zurückhaltung eigentlich ideal. Doch Christie hat auch ideologische Schwachstellen, zumindest aus Sicht besonders konservativer Parteimitglieder. So unterstützt er beispielsweise die Idee, dass illegale Einwanderer nachträgliche die amerikanische Staatsbürgerschaft erhalten können. Auch bei der Homo-Ehe ist Christie zumindest kein Hardliner; er ist für das Konzept der zivilen Partnerschaft. Ein republikanischer Parteistratege erklärte deshalb dem "National Journal": "In dem Moment, in dem Christie ins Rennen geht, wird er vom Liebling der konservativen Bewegung zum Ziel tagtäglicher Erbsenzählerei."
Noch scheinen die Republikaner die Hoffung jedenfalls nicht aufgegeben zu haben. Große Spender halten sich laut Medienberichten mit Zahlungen für die bisherigen Kandidaten zurück - sie warten auf Christie. Dessen Zeit wird knapp, denn eine entsprechende Wahlkampfinfrastruktur auf die Beine zu stellen dauert und kostet Geld. Was das Ringen um den wortgewaltigen Christie für die Partei insgesamt bedeutet ist aber schon jetzt klar: Den bisherigen Kandidaten wird ein Sieg 2012 offenbar nicht zugetraut.
Quelle: ntv.de