Politik

Olympia-Boykott sehr populär Sport und Politiker dagegen

Nach dem gewaltsamen Vorgehen Chinas in Tibet hat das EU-Parlament den Dalai Lama zu einem Besuch eingeladen, um über die Lage in der Unruheprovinz zu berichten. Das geistliche Oberhaupt der Tibeter sei jederzeit willkommen, sagte Parlamentspräsident Hans-Gert Pöttering während einer Dringlichkeitssitzung zur Lage in der Region. An China richtete er den Appell, den Tibet-Konflikt im Dialog mit dem Dalai Lama zu lösen. Sollte dies nicht möglich sein, müssten sich europäische Politiker ernsthaft fragen, ob sie an der Eröffnungsfeier der Olympischen Sommerspiele in Peking teilnehmen sollten, fügte er an. Ähnlich äußerte sich der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Günter Nooke.

Politiker gegen Boykott

Pötterings Angebot an den Dalai Lama wurde von den EU-Abgeordneten mit Applaus quittiert. Auch der Nobelpreisträger selbst nahm die Einladung offenbar positiv auf: Pöttering zitierte aus einem Brief des Dalai Lama, in dem dieser dem Parlament für dessen Unterstützung dankte und von einer "schwierigen Zeit" für die Menschen in Tibet sprach. Dort und in angrenzenden Regionen gehen die chinesischen Behörden seit Tagen hart gegen Demonstranten vor. Die Führung in Peking sieht im Dalai Lama den Hauptverantwortlichen für die Unruhen in der Region und beschuldigt ihn, den Aufstand absichtlich wenige Monate vor Beginn der Olympischen Sommerspiele angezettelt zu haben. Das geistliche Oberhaupt der Tibeter bestreitet dies.

Die slowenische EU-Ratspräsidentschaft und die EU-Kommission lehnen einen Boykott der Olympischen Spiele wegen des Tibet-Konflikts bislang ab. Der slowenische Europa-Staatssekretär Janez Lenarcic bekräftigte diese Haltung nun noch einmal vor dem Parlament und wurde darin von der Fraktion der Sozialisten unterstützt.

"Der olympische Geist wurde in Tibet getötet"

Dagegen sprachen sich Vertreter der Grünen und der Liberalen für einen Boykott aus, zumindest was die Eröffnungsfeier angeht. Der Chef der Grünen im EU-Parlament, Daniel Cohn-Bendit, verglich die diesjährigen Spiele in Peking mit den Olympischen Spielen in Nazideutschland von 1936. Die EU müsse ein Zeichen setzen, erklärte er. Unterstützung bekam er vom britischen Konservativen Edward McMillan-Scott, der von einem Genozid in Tibet sprach. "Die Olympische Flamme mag letztes Wochenende entzündet worden sein, aber der Olympische Geist wurde in den Straßen von Tibet getötet", sagte er mit Blick auf die Opfer der Proteste und ihrer Niederschlagung. Nach offiziellen chinesischen Angaben gab es in Tibet 19 Tote, die tibetische Exilregierung spricht dagegen von mehr als 140 Getöteten.

Sportler sollen Protest äußern dürfen

Auch in Deutschland hielt die Olympia-Debatte an. Der Menschenrechtsbeauftragte Nooke brachte ebenfalls einen Boykott der Eröffnungsfeier durch staatliche Repräsentanten ins Gespräch und befürwortete zudem Kundgebungen der Sportler bei den Spielen in Peking gegen das chinesische Vorgehen in Tibet. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) forderte er auf, den Athleten solche Aktionen zu erlauben. Dagegen wandte sich der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), Thomas Bach, gegen jede Form politischer Proteste bei den Spielen.

Die chinesischen Behörden greifen derweil trotz der heftigen internationalen Diskussionen weiter hart gegen Demonstranten in Tibet und benachbarten Provinzen durch. Ein Informant aus Peking mit Kontakten in die Region berichtete, die Polizei fahnde intensiv nach Teilnehmern der jüngsten Ausschreitungen.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen