Wer spart, verliert Spritze für "arme" Länder
19.09.2008, 08:25 UhrDas Bundesfinanzministerium will im Rahmen der Föderalismusreform fünf "armen" Bundesländern zusätzliche Finanzhilfen zukommen lassen. Neben Bremen, Schleswig-Holstein und dem Saarland sollten auch Berlin und Sachsen-Anhalt sogenannte Konsolidierungshilfen bekommen, berichtet die "Berliner Zeitung". Insgesamt seien für die Länder 735 Millionen Euro im Jahr vorgesehen, davon 294 Millionen allein für die Hauptstadt Berlin. Länder, die einen harten Sparkurs fahren – wie Mecklenburg-Vorpommern – sehen sich im Nachteil und laufen Sturm gegen die Regelung.
Damit weiche das Finanzministerium von den Eckpunkten ab, die Baden-Württembergs Ministerpräsident Günter Oettinger (CDU) und SPD-Fraktionschef Peter Struck als Vorsitzende der Föderalismus-Kommission im Juni vorgelegt hatten, schreibt die "Berliner Zeitung". Darin ist ein "Konsolidierungspakt" vorgesehen, der besonders hoch verschuldeten Ländern wie Bremen, dem Saarland und Schleswig-Holstein beim Abbau der enormen Zinslasten helfen soll. Der Hilfsfonds soll jährlich mit 1,0 Milliarden bis 1,2 Milliarden Euro ausgestattet und je zur Hälfte von Bund und Ländern finanziert werden.
Große Aufregung in Schwerin
Die Pläne des Bundesfinanzministeriums stießen in Mecklenburg-Vorpommern auf Ablehnung. "Dieser Vorschlag ist für uns nicht akzeptabel", sagte Landes-Finanzministerin Sigrid Keler (SPD) der "Berliner Zeitung". Die Regelung würde nach ihren Angaben dazu führen, dass Mecklenburg-Vorpommern 7,5 Millionen Euro in den Fonds einzahlen müsste. Ihr Land werde nun dafür bestraft, mit einer Reihe von unpopulären Maßnahmen die Sanierung des Haushaltes erfolgreich eingeleitet zu haben.
Keine Notlage in Berlin
Eine Unterstützung Berlin lehnte Keler mit dem Verweis auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts ab. Schließlich habe dieses festgestellt, dass es in der Hauptstadt keine Haushaltsnotlage gebe. "Warum sollen dann jetzt wieder alle für Berlin zahlen", fragt Keler. Aus ihrer Sicht müssten nur Bremen und das Saarland unterstützt werden, da diese Länder auf absehbarer Zeit nicht in der Lage seien, ihre Haushaltsprobleme aus eigener Kraft zu bewältigen.
Zu den geplanten Hilfen für Sachsen-Anhalt sagte die Ministerin, die Rahmenbedingungen für die ostdeutschen Flächenländer sein vergleichbar. "Deshalb besteht auch kein Grund, eines von ihnen auf Kosten der anderen zu unterstützen." Mecklenburg-Vorpommern werde nun für die Sanierung seines Haushalts bestraft. "Damit wird die Konsolidierungspolitik der vergangenen Jahre ad absurdum geführt", beklagte Keler.
Solidarität in Gefahr
Der Kommentator der "Berliner Zeitung" mahnt die Hauptstadt zur Vorsicht bei derartigen Geschenken. "Die Aussicht auf etwas mehr Geld ist zwar schön. Aber dass Berlin Nutznießer werden soll, ist überraschend. Andere arme Länder wie Mecklenburg-Vorpommern gehören nicht zu den Profiteuren. Da niemand leichtfertig Geld verschenkt – außer vielleicht die Manager der KfW-Bank -, sollte man misstrauisch bleiben. Irgendeine Gegenleistung von Berlin wird von Bund oder den reichen Ländern erwartet. Vielleicht geht es aber auch darum, die bisherige Solidarität der Ostländer zu sprengen."
Quelle: ntv.de