Politik

Prozess gegen Taylor Start mit Eklat

Der mit Spannung erwartete Prozess gegen den früheren Präsidenten und Diktator von Liberia, Charles Taylor, hat mit einem Eklat begonnen. Der wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagte Taylor blieb dem Verfahren fern und sein Anwalt Karim Khan legte demonstrativ das Amt nieder. Beide protestierten damit gegen die nach ihrer Auffassung unzureichenden Arbeitsmöglichkeiten für die Verteidigung.

Taylor ist vor dem internationalen Sondergericht für Sierra Leone angeklagt, das über die mutmaßlichen Hauptverantwortlichen für den Bürgerkrieg in den 90er Jahren urteilen soll. Aus Sicherheitsgründen tagt das Gericht in Den Haag. Überraschend blieb Taylor am Morgen in seiner Gefängniszelle statt zum ersten Verhandlungstag zu erscheinen.

Rechtsanwalt Khan lieferte sich einen scharfen Wortwechsel mit der aus Uganda stammenden Vorsitzenden Richterin Julia Sebutinde, die nach den Gründen für Taylors Fernbleiben fragte. Der Jurist beklagte, dass er mit nur sehr wenigen und zum Teil gerade erst eingestellten Mitarbeitern einer personell und finanziell übermächtigen Anklagebehörde gegenüberstehe. Er verlas einen Brief Taylors, in dem dieser feststellt: "Ich kann zur Zeit kein faires Verfahren erwarten." Deshalb werde er vorerst am Prozess nicht teilnehmen und habe das Mandat für seine Verteidiger beendet, schrieb Taylor.

Ungeachtet dieser Entscheidung ordnete das Gericht an, dass Khan zumindest an diesem Tag noch die Verteidigung behalten müsse. Doch der britisch-pakistanische Anwalt weigerte sich und verließ den Saal. Daraufhin wurde der vom Gericht angestellte Jurist Charles Jalloh mit der Verteidigung beauftragt, und Ankläger Stephen Rapp (USA) konnte mit der Verlesung der Anklage beginnen.

Rapp machte Taylor verantwortlich für die Gräueltaten der von ihm geförderten Rebellengruppe RUF in Sierra Leone. Die Rebellen entführten Kinder und schickten sie in Kämpfe, ermordeten Menschen oder hackten ihnen Gliedmaßen ab, vergewaltigten Frauen und hielten sie wie Sklaven und plünderten in großem Maßstab. In dem Krieg von November 1996 bis Januar 2002 wurden schätzungsweise 20.000 Menschen getötet. Taylor habe von Liberia aus Waffen und Geld für die RUF zur Verfügung gestellt, die ihn mit illegal geförderten Diamanten bezahlt habe. Der 59-Jährige bestreitet, dafür verantwortlich gewesen zu sein.

Taylor war in seinem eigenen Land Liberia im August 1996 nach einem achtjährigen Bürgerkrieg zum Präsidenten gewählt worden. Nach einer sechsjährigen Schreckensherrschaft zog er sich angesichts einer gegen ihn gerichteten blutigen Rebellion und auf internationalen Druck nach Nigeria zurück. Dort wurde ihm Asyl gewährt, doch im März 2006 sorgte Nigeria für seine Überstellung an das Sondergericht in Sierra Leone, wo er bereits 2003 angeklagt worden war.

Taylor ist nach dem früheren jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosevic erst das zweite Staatsoberhaupt, das sich vor einem internationalen Gericht wegen Kriegsverbrechen verantworten muss. Das Sondergericht wurde nach dem Bürgerkrieg vom Staat Sierra Leone und den Vereinten Nationen aufgebaut. Insgesamt 13 mutmaßliche Haupttäter der Bürgerkriegszeit wurden angeklagt.

Quelle: ntv.de

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