Klarheit bis zum 15. August? Stasi-Aktenstreit schwelt weiter
06.08.2001, 16:08 UhrDie Fronten im Streit um die Herausgabe von Stasi-Akten über Prominente haben sich weiter verhärtet. Stasi-Akten-Beauftragte Marianne Birthler erklärte, sie habe einen Brief von Innenminister Otto Schily (SPD) bisher nicht beantwortet. Ein Sprecher erklärte am Nachmittag, der Brief würde "ohne Hektik" beantwortet, "aber sicher zügig".
Schily hatte Birthler aufgefordert, ihm "möglichst kurzfristig und schriftlich" zu bestätigen, dass sie Akten prominenter Opfer nur noch mit deren Zustimmung herausgeben werde. Andernfalls sehe er sich gezwungen, dem Bundeskabinett Rechtsaufsichtsmaßnahmen vorzuschlagen.
Dies will die Bundesregierung offenbar vermeiden. Bis zur nächsten Kabinettssitzung solle eine Lösung gefunden werden, sagte Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye. Er wolle zunächst den Brief von Birthler an Schily abwarten.
Birthler betonte, dass sie trotz des Risikos von Betroffenen-Klagen weiter Akten herausgeben werde. Ihre Behörde habe keine rechtliche Grundlage, die Herausgabe der Akten einzuschränken. Sie wolle einen "gesetzgeberischen Weg aus dem Dilemma". Der Bundestag solle den umstrittenen Paragrafen so schnell wie möglich klarstellen. Es könne nicht abgewartet werden, bis das Bundesverwaltungsgericht ein höchstrichterliches Urteil zu den Akten von Altbundeskanzler Helmut Kohl (CDU) getroffen habe.
Das Berliner Oberverwaltungsgericht hatte Anfang Juli einer Klage Kohls gegen die Veröffentlichung seiner Stasi-Akten stattgegeben. Vergangene Woche legte Birthler vor dem Bundesverwaltungsgericht Revision gegen das Urteil ein. Die jahrelange Praxis der Aktenherausgabe sei bedeutsam für die Aufarbeitung der SED-Diktatur. Das Amt hatte seit seiner Gründung 1991 Akten über Prominente herausgegeben, so weit sie nicht die Privatsphäre der Betroffenen verletzten. Kohl hatte als Chef des Bundeskabinetts jahrelang selbst die Rechtsaufsicht über die Behörde.
Quelle: ntv.de