Streit um Vertriebenen-Stiftung Steinbach droht mit Klage
13.01.2010, 20:17 UhrVertriebenen-Präsidentin Erika Steinbach droht der Bundesregierung im Streit über die Vertriebenen-Stiftung notfalls mit juristischen Schritten. Sie wolle "alle Möglichkeiten ausschöpfen", um das Recht des Bundesverbandes der Vertriebenen (BdV) durchzusetzen, die vom ihm ausgewählten Mitglieder des Beirats der Stiftung "Flucht, Vertreibung, Versöhnung" zu benennen. "Dazu gehören auch rechtliche Möglichkeiten", sagte Steinbach der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".
Bisher weigert sich Außenminister und Vizekanzler Guido Westerwelle, Steinbach zu bestellen. Westerwelle fürchtet um das deutsch-polnische Verhältnis, da das Nachbarland schwere Vorbehalte gegen Steinbach hegt. Der Grund ist, dass sich die CDU-Politikerin noch Anfang der neunziger Jahre geweigert hatte, die Oder-Neiße-Linie als Grenze zu Polen anzuerkennen.
Steinbach bestreitet Erpressung
Steinbach hatte ihre Bereitschaft zum Verzicht auf den Sitz im Stiftungsrat erklärt, wenn ihr Verband deutlich mehr Sitze in dem Gremium als bisher erhalte und eine politische Bevormundung bei der Besetzung künftig ausgeschlossen sei. Die Bundesregierung hatte sich zu den Forderungen allerdings skeptisch geäußert. Insbesondere eine Änderung des Ernennungsrechts gilt als wenig wahrscheinlich.
Die BdV-Präsidentin hatte betont, sollte die Regierung nicht auf die Vorschläge einschwenken, werde ihr Verband sie für den Posten offiziell benennen. Die Bestellung geschieht jedoch durch das Kabinett, das dann eine Lösung finden müsste. Im Gegensatz zur FDP stehen CDU und CSU hinter Steinbach.
Die CDU-Politikerin wies den Vorwurf der Erpressung zurück. "Der Bund der Vertriebenen hat es nicht nötig zu erpressen", sagte sie. Der Vorstoß des Präsidiums sei ein Vorschlag zur Güte, um die Bundesregierung aus ihrer Verlegenheit zu befreien.
Kritik aus Stiftungsrat
Derweil wächst auch in der Stiftung "Flucht, Vertreibung, Versöhnung" der Widerstand gegen Steinbach. Zwei Mitglieder des 13-köpfigen Stiftungsrats äußerten deutliche Kritik. Der Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Salomon Korn, bezeichnete Steinbachs Forderung nach einem größeren Einfluss der Vertriebenen als "völlig überzogen". Es wäre "moralisch fragwürdig und außenpolitisch unklug", wenn die Bundesregierung darauf einginge, sagte Korn.
Bislang sind für den BdV nur 3 von 13 Sitzen im Stiftungsrat vorgesehen. Doch schon damit sieht Korn den Verband überrepräsentiert. Nach seinen Worten überschätzt Steinbach die Rolle der Vertriebenen in der deutschen Politik. Die vom BdV genannte Zahl von 15 Millionen Vertriebenen sei "völlig überzogen" und durch nichts belegt. Es seien nach internen Aufstellungen weit weniger, und höchstens eine halbe Million davon sei Mitglied im BdV. Vermutlich liege die Zahl noch unter 100 000.
Der Hamburger Weihbischof Hans-Jochen Jaschke, der ebenso wie Korn dem Stiftungsrat angehört, sprach Steinbach das Recht ab, im Namen aller Vertriebenen zu sprechen. "Verbände sind nicht die gewählten Volksvertreter, auch nicht die Interessenvertreter der Vertriebenen als solcher, auch nicht all ihrer Mitglieder", schrieb Jaschke in einem Beitrag für die Wochenzeitung "Die Zeit".
FDP hofft auf Einigung
Auch Jaschke, der als gebürtiger Oberschlesier im Stiftungsrat sitzt, kritisierte Steinbachs Forderungen scharf: "Es ist kein guter Stil, mit Schlagzeilen und Erklärungen über die Medien ein auf Sensibilität und Klugheit angewiesenes Werk neu in den Meinungsstreit hineinzuziehen." Vor diesem Hintergrund rief er die BdV-Präsidentin auf, den Streit um den Stiftungsrat zu beenden: "Frau Steinbach muss wissen, dass ihr Name, warum auch immer, Anlass zu Verhärtungen und Frontbildungen gibt." Sie möge "Größe zeigen und sich zurücknehmen".
Der FDP-Kulturpolitiker Hans-Joachim Otto sieht durchaus noch Chancen, zu einem für alle Seiten tragbaren Kompromiss zu kommen. Unter Steinbachs Forderungen, an die sie ihren Verzicht auf einen Sitz im Stiftungsrat knüpft, seien Dinge, "über die man reden kann", sagte Otto der Wochenzeitung "Rheinischen Merkur". Die von ihr geforderte Loslösung der Stiftung vom Deutschen Historischen Museum zähle allerdings nicht dazu.
Quelle: ntv.de, rts/dpa