Politik

Vor Erdogan-Demo in Köln Steinmeier appelliert an Deutschtürken

Bereits vor zwei Wochen protestierten Hunderte vor der türkischen Botschaft in Berlin gegen den Putschversuch - es blieb friedlich.

Bereits vor zwei Wochen protestierten Hunderte vor der türkischen Botschaft in Berlin gegen den Putschversuch - es blieb friedlich.

(Foto: picture alliance / dpa)

Der Putschversuch in der Türkei sorgt auch in Deutschland für Anspannungen. Bis zu 30.000 Erdogan-Anhänger wollen in Köln auf die Straße gehen. Auch seine Gegner wollen protestieren. Spitzenpolitiker rufen zu friedlichen Demonstrationen auf.

Vor den Demonstrationen von Anhängern und Gegnern des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan haben führende deutsche Politiker die Teilnehmer zur Mäßigung aufgerufen. "Innenpolitische Spannungen aus der Türkei zu uns nach Deutschland zu tragen und Menschen mit anderen politischen Überzeugungen einzuschüchtern, von welcher Seite auch immer, das geht nicht", sagte Außenminister Frank-Walter Steinmeier der "Süddeutschen Zeitung". In Deutschland gebe es dafür keinen Platz - "und das werden wir auch nicht zulassen".

Nach dem gescheiterten Putsch in der Türkei wollen an diesem Sonntag in Köln laut Polizei bis zur 30.000 Erdogan-Anhänger demonstrieren. Der überwiegende Teil der erwarteten Kundgebungsteilnehmer dürfte sich demnach als "nationaltürkisch" und der türkischen Regierung nahestehend fühlen. Es sind vier Gegenkundgebungen angemeldet. Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel schrieb auf seiner Facebook-Seite auf deutsch und türkisch, nach seinem Eindruck sei die Türkei tief gespalten.

Alle müssten mithelfen, dass sich diese gesellschaftliche Spaltung nicht bei uns fortsetzt. "Meine Bitte: Lassen Sie uns Andersdenkenden mit Respekt begegnen. Auch fundamentale Meinungsverschiedenheiten dürfen nicht dazu führen, dass wir uns spalten lassen. Deutschland soll die Heimat aller Menschen sein, die hier leben."

Polizei will hart durchgreifen

Die Polizei in Köln kündigte am Freitag an, gegen jede Form von Gewalt hart vorzugehen. 2300 Polizisten und Polizistinnen sollen Ausschreitungen verhindern. Die Stimmung zwischen Anhängern und Gegnern Erdogans ist seit dem Putschversuch vor zwei Wochen auch in Deutschland sehr aufgeladen.

Unionsfraktionschef Volker Kauder sagte der "Passauer Neuen Presse": "Wir erwarten, dass sich die Teilnehmer in Köln an Recht und Gesetz halten." Insgesamt werde man in den nächsten Wochen noch kritischer auf das "Treiben" der türkischen Regierungspartei AKP in Deutschland schauen müssen. "Die Vorgänge in der Türkei dürfen in der türkischen Gemeinschaft hierzulande keine Fortsetzung finden." Von einem Verbot der Demonstration hält er aber nichts: "Demonstrationen gehören zu unserer Demokratie, auch wenn einzelne Aussagen von Demonstranten schwer zu ertragen sein mögen."

Özdemir warnt vor " Klima der Angst"

Der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir kritisierte massive Einschüchterungsversuche gegenüber Erdogan-Kritikern in Deutschland. "Wir erleben, dass hierzulande Jagd gemacht wird auf türkische Oppositionelle", sagte er der Funke Mediengruppe. "Erdogan-Anhänger, die andere einschüchtern wollen, müssen mit der ganzen Härte des Gesetzes bestraft werden." Demonstrationen wie die am Sonntag in Köln müssten auf dem Boden der Rechtsordnung stattfinden. "Es darf dabei kein Klima der Angst entstehen."

Der CSU-Innenpolitiker Stephan Mayer wies Forderungen der türkischen Regierung nach Unterstützung bei der Verfolgung der Gülen-Bewegung in Deutschland zurück: "Deutschland ist nicht der Erfüllungsgehilfe des türkischen Präsidenten Erdogan", sagte er der "Passauer Neuen Presse". Die Regierung in Ankara macht die Bewegung des in den USA lebenden Predigers Fetullah Gülen für den Umsturzversuch verantwortlich.

Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz der Länder, Saarlands Ressortchef Klaus Bouillon, reagierte auf Spekulationen, an der Demonstration könnten türkische Regierungsmitglieder als Redner teilnehmen. "Es kann nicht sein, dass unsere Parlamentarier die Bundeswehrtruppen in der Türkei nicht besuchen dürfen, aber Erdogan seine Minister zur Demonstration nach Köln schicken will", sagte der CDU-Politiker "Bild"-Zeitung.

Veranstalter der Pro-Erdogan-Demonstration ist die der AKP nahestehende Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD). Der Grünen-Politiker Volker Beck forderte die Veranstalter auf, sich nach der Schließung von Dutzenden Redaktionen in der Türkei gegen das Vorgehen der Behörden in dem südosteuropäischen Land zu positionieren. Die UETD "muss die Angriffe auf Pressefreiheit und unabhängige Justiz durch Erdogan zurückweisen. Sonst ist ihr Ja zur Demokratie unwahrhaftig und in Wirklichkeit ein Ja zur Erdokratur", sagte Beck dem Handelsblatt.

Gericht: Demo von Rechten darf stattfinden

Inzwischen steht fest, dass die geplante Gegendemonstration von Rechten am Sonntag stattfinden darf. Das Oberverwaltungsgericht in Münster wies eine Beschwerde der Kölner Polizei gegen die Demo zurück, wie ein Sprecher des Gerichts am Vormittag bestätigte. Hinter dem Demonstrationszug steht unter anderem die rechtsextremistische Partei Pro NRW.

Sie will unter dem Motto demonstrieren: "Keine Huldigungen für Erdogan in Deutschland: Stoppt den islamistischen Autokraten vom Bosporus". Die Polizei befürchtet Ausschreitungen, doch das Verwaltungsgericht Köln sieht dafür keine ausreichenden Anhaltspunkte. Es wurde nun in zweiter Instanz bestätigt.

Das Oberverwaltungsgericht verwarf auch eine Beschwerde des Anmelders der Pro-Erdogan-Demonstration. Sie richtete sich gegen das Verbot, Erdogan auf einer Großleinwand live aus der Türkei zuzuschalten. Eine solche Zuschaltung bleibt nun verboten.                

Quelle: ntv.de, hul/dpa/AFP

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