Politik

Deutsche Experten für Ägypten Steinmeier ergreift Initiative

In den Bemühungen gegen ein Wiederaufflammen der Gewalt in Gaza zieht Deutschland noch vor Amtsantritt der neuen US-Regierung die diplomatische Initiative an sich. In einem Arbeitsplan wirbt Außenminister Frank-Walter Steinmeier für ein koordiniertes Vorgehen der EU. Das Papier sei mit dem EU-Außenbeauftragten Javier Solana und dem tschechischen Außenminister Karel Schwarzenberg abgestimmt, berichtete die "Süddeutsche Zeitung". Tschechien hat zwar derzeit die EU-Ratspräsidentschaft, sei aber offenbar mit einer aktiven Rolle Deutschlands einverstanden.

Steinmeier, der während des Gaza-Krieges zweimal die Region besucht hatte, verfolgt mit der Initiative unter anderem das Ziel, der palästinensischen Autonomiebehörde wieder zu mehr Geltung in dem von der radikal-islamischen Hamas beherrschten Gaza-Streifen zu verschaffen. An den Vorbereitungen einer internationalen Konferenz für den Wiederaufbau solle sich die EU in enger Abstimmung mit der Autonomiebehörde beteiligen.

Deutsche Experten in Ägypten

Vorgeschlagen wird ein fünfstufiger Plan beginnend mit humanitärer Hilfe, etwa der Finanzierung von Medikamenten, Lebensmitteln, Notunterkünften und Treibstoff. In einem nächsten Schritt sollen Aktivitäten gegen den Waffenschmuggel unterstützt werden. Eine Delegation von fünf deutschen Experten soll in Kürze nach Ägypten reisen und sondieren, wie das Land beim Kampf gegen den Transport von Waffen durch das Tunnelnetz an der Grenze zu Gaza unterstützt werden kann. Weiter werden in dem Steinmeier-Plan die Öffnung von Grenzübergängen, der Wiederaufbau in Gaza und im letzten Schritt die Wiederaufnahme des Friedensprozesses als weitere Bereiche genannt, in denen sich die EU koordiniert engagieren soll.

Israel beschleunigt unterdessen den Truppenabzug aus dem Gazastreifen und will den Rückzug offensichtlich bis zur Amtseinführung von US-Präsident Barack Obama weitgehend abschließen. Wie israelische Zeitungen berichteten, erfolgt die Räumung schneller als geplant und könnte bis Dienstagabend abgeschlossen sein. Zu diesem Zeitpunkt legt Obama in Washington seinen Amtseid ab.

Israel hatte am Samstag eine einseitige Waffenruhe verkündet. Die radikal-islamische Hamas hatte später einer einwöchigen Waffenruhe zugestimmt. In dieser Zeit müsste Israel seine Truppen aber vollständig aus dem Gazastreifen abziehen. Bis auf kleine Ausnahmen hielten sich beide Konfliktparteien an die Waffenruhe.

Schäden von 1,5 Milliarden Euro

Unterdessen wurden die enormen Schäden durch die dreiwöchige Militäroffensive Israels im Gazastreifen erstmals konkreter beziffert. Die palästinensische Statistikbehörde PCBS schätzt die Schäden auf zwei Milliarden Dollar (1,5 Milliarden Euro). Laut palästinensischen Angaben starben 1310 Menschen bei dem Waffengang, der am 27. Dezember begonnen hatte.

Nach Angaben der Statistikbehörde wurden mindestens 22.000 private und öffentliche Gebäude beschädigt oder zerstört. Dies seien 14 Prozent aller Gebäude im Gazastreifen. Der saudische König Abdullah kündigte in Kuwait-Stadt an, Saudi-Arabien werde den Wiederaufbau im Gazastreifen mit einer Milliarde Dollar (753 Millionen Euro) unterstützen.

Appell an Israel

Der saudische König Abdullah forderte Israel ultimativ auf, seine vor mehreren Jahren entwickelte arabische Friedensinitiative anzunehmen. Das Angebot, das 2002 in Beirut von allen Staaten der Arabischen Liga akzeptiert worden war, bietet Israel die Aufnahme normaler Beziehungen zu den arabischen Staaten an. Im Gegenzug müsse sich Israel aus den Gebieten zurückziehen, die es im Sechs-Tage-Krieg 1967 besetzt hatte. "Der arabische Vorschlag liegt nicht mehr lange auf dem Tisch", sagte Abdullah während eines Gipfeltreffens der Arabischen Liga in Kuwait.

Im Gazastreifen zeigte sich nach Beginn des israelischen Rückzugs das ganze Ausmaß der Zerstörung. Palästinensische Rettungskräfte bargen zehn weitere Leichen aus den Trümmern. Die Suche nach verschütteten Überlebenden gehe weiter, sagte der Leiter der Rettungsdienste, Moawija Hassanein. Mehr als die Hälfte der Toten seien Zivilisten, darunter mehr als 420 Kinder. 5500 Menschen seien verletzt worden. Auf israelischer Seite waren bei Raketenangriffen und Kampfhandlungen drei Zivilisten und zehn Soldaten getötet worden.

Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) begann indes mit der Verteilung von Nothilfe an 8000 Familien. In den kommenden drei Wochen sollen Küchenutensilien, Zeltplanen, Hygieneartikel und Decken an Familien verteilt werden, die alles verloren hätten, sagte IKRK-Sprecherin Dorothea Krimitsas in Genf.

Quelle: ntv.de

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