Kampf um die Richtung Steinmeier warnt vor Linksruck
03.10.2009, 09:56 Uhr
Steinmeier will sich nicht verdrehen lassen.
(Foto: dpa)
Der gescheiterte SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier hat seine Partei nach der Wahlniederlage vom vergangenen Wochenende vor einem Linksruck gewarnt. Wenn die SPD künftig nur noch die Interessen eines Teils der Gesellschaft vertrete, sinke sie zur Klientelpartei ab, schrieb er in einem Beitrag für die "Welt am Sonntag". Dies sei der falsche Weg. "Die SPD muss Volkspartei bleiben", forderte Steinmeier, der die SPD-Fraktion im neuen Bundestag anführen wird.

Matschie hat sich in Thüringen für ein Bündnis mit der Union entschieden.
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Bei der Bundestagswahl habe seine Partei fast 1,4 Millionen Wähler an Union und FDP verloren. "Wir haben sie nicht überzeugen können, dass die SPD heute auch für wirtschaftlichen Fortschritt steht", schrieb Steinmeier. Zugleich müsse die SPD klarmachen, dass sie "die erste Adresse für soziale Gerechtigkeit" sei: "Wir verbinden das Soziale mit dem wirtschaftlich Vernünftigen besser als jede andere politische Kraft." Nun sei es wichtig, sich als Volkspartei zu profilieren, "die die Spaltung der Gesellschaft in Resignierte und Abgehängte, in zornige Protestwähler und zynische Egoisten des individuellen Erfolgs verhindert."
"Breit aufgestellt"
Auch mehrere SPD-Landesvorsitzende haben ihre Partei vor einer Veränderung nach links gewarnt. Thüringens SPD-Vorsitzender Christoph Matschie warnte vor allem vor einem Bündnis mit der Linkspartei auf Bundesebene. Die SPD müsse "breit aufgestellt bleiben", sagte er der "Mitteldeutschen Zeitung". Sie müsse wirtschaftliche Vernunft und soziale Verantwortung miteinander verbinden. Die Linke dagegen mache "Fundamentalopposition".
Der bayerische Landeschef Florian Pronold forderte, dass sich die Linke auf die SPD zubewege. Sollte Rot-Rot-Grün "irgendwann Realität werden", müsse sich nicht die SPD verändern, sondern die Linke, so Pronold in der "Passauer Neuen Presse".
Die nordrhein-westfälische Vorsitzende Hannelore Kraft warnte ihre Partei davor, nach dem Wahldebakel überstürzt ihre Politik in Frage zu stellen. Sich jetzt "im Handstreich" von elf Jahren Regierungsverantwortung zu distanzieren, sei unsinnig, sagte sie dem "Focus". Die Agende 2010 und die Rente mit 67 "pauschal über Bord zu werfen", helfe nicht weiter. "So gewinnt man keine Glaubwürdigkeit zurück", mahnte Kraft.
Basis formiert sich
Der Widerstand zahlreicher Sozialdemokraten gegen die von Thüringens SPD-Landeschef Matschie angestrebte schwarz-rote Koalition scheint unterdessen deutlichere Formen anzunehmen. Laut einem Bericht des "Spiegel" plant eine Initiativgruppe um den Erfurter Oberbürgermeister Andreas Bausewein eine Basiskonferenz. Diese solle ein Stimmungsbild aus den Kreisverbänden liefern. Zudem wird ein Mitgliederentscheid über die Koalitionsfrage ins Spiel gebracht. Bausewein hatte sich in den vergangenen Tagen offen für ein linkes Bündnis ausgesprochen.
In etlichen Kreisverbänden war das Votum des SPD-Landesvorstandes für Koalitionsverhandlungen mit der CDU auf herbe Kritik gestoßen. Derzeit berufen die SPD-Verbände vielerorts Sitzungen ein, um das Stimmungsbild einzufangen. Der Vorsitzende im Unstrut-Hainich-Kreis, Walter Pilger, hatte erklärt, gemeinsam mit anderen Vorsitzenden einen außerordentlichen Parteitag einberufen zu wollen, um den Beschluss des Landesvorstandes zu kippen und die Verhandlungen mit der CDU, die am kommenden Mittwoch beginnen sollen, zu stoppen. Er müsste wenigstens 10 der 23 Kreisvorsitzenden überzeugen, damit ein Sonderparteitag einberufen werden kann.
Quelle: ntv.de, jmü/AFP/dpa