Rechnungshof sieht massive Mängel Steuerbescheide oft fehlerhaft
17.01.2012, 13:36 Uhr
(Foto: dpa)
Jeder, der eine Steuererklärung abgeben muss, weiß: Steuergesetze sind alles andere als einfach. Viele der Bestimmungen seien "lang und schwer verständlich formuliert", kritisiert nun auch der Rechnungshof. Außerdem stellt er Schlampereien bei der Steuerprüfung fest.
Der Bundesrechnungshof hat massive Mängel beim Vollzug der Steuergesetze für Arbeitnehmer gerügt und eine Vereinfachung des Steuerrechts gefordert. Komplizierte Gesetze, häufige Neuregelungen und Personalknappheit in den Finanzämtern führten zu fehlerhaften Steuerbescheiden, heißt es in einem Gutachten des Rechnungshofs. Die Prüfer hielten die korrekte Anwendung der Steuergesetze bei der Veranlagung der Arbeitnehmer "weiterhin nicht für gewährleistet", kritisieren die Experten in dem Bericht für Bundestag und Bundesregierung.
Die Lage habe sich nicht verbessert, seit der Rechnungshof 2006 seinen ersten Bericht zum Vollzug des Steuerrechts vorlegte. "Wir sehen weiterhin großen Handlungsbedarf zur Verbesserung des Steuervollzugs", erklärte Rechnungshof-Präsident Dieter Engels.
Einer der wichtigsten Gründe für die Defizite sei das Steuerrecht, das sich immer schneller ändere. Seit 2006 habe sich die Zahl der Änderungen im Einkommensteuerrecht von durchschnittlich 7,5 pro Jahr auf zehn pro Jahr erhöht. Viele der Bestimmungen seien "lang und schwer verständlich formuliert", kritisierte der Rechnungshof.
Die Personalausstattung der Finanzämter sei derweil weiterhin knapp, heißt es in dem Gutachten weiter. Zwischen 2006 und 2009 sei zwar die Zahl der zu bearbeitenden Steuererklärungen um 1,4 Prozent zurückgegangen. Im gleichen Zeitraum hätten die Finanzämter aber 1,9 Prozent weniger Personal in den Veranlagungsstellen eingesetzt.
Computertechnik hilft nicht
Auch der zunehmende Einsatz von Computertechnik in den Finanzämtern habe die Gesamtsituation nicht verbessert, moniert der Rechnungshof. Die Technik weise Mängel auf, etwa beim Risikomanagement: Hier entscheidet ein programmgesteuerter Risikofilter, ob die Steuer maschinell festgesetzt wird oder ob Finanzbeamte den Fall persönlich prüfen. Den derzeitigen Regeln zufolge lässt die Steuerverwaltung systematisch bestimmte Sachverhalte ungeprüft, wenn sie eine bestimmte Wertgrenze unterschreiten. Dadurch sei es zu "unzutreffenden Steuerfestsetzungen" gekommen, heißt es in dem Bericht.
So sei beispielsweise die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerarbeiten in 80 bis 90 Prozent der Fälle gewährt worden, ohne dass die Finanzämter die Belege genauer geprüft hätten. Besonders fehleranfällig sei auch die Absetzbarkeit von Werbungskosten: Bei den fünf häufigsten Werbungskostenarten hätten die Fehlerquoten zwischen 36 und 68 Prozent betragen.
Als wichtigen Schritt würdigte der Rechnungshof die für dieses Jahr geplante Einführung einer bundesweit kompatiblen Steuersoftware. Mit diesem technischen Fortschritt sei allerdings die "notwendige Modernisierung des Besteuerungsverfahrens noch nicht vollzogen", kritisierte der Rechnungshof. Er empfahl eine "grundlegende Vereinfachung des Steuerrechts". Der Rechnungshof regte zudem eine Neuordnung des Werbungskostenabzugs an.
Kleinbauern zahlen zu wenig
Der Bundesrechnungshof beanstandete zudem erhebliche Mängel bei Steuerregelungen für kleinere Land- und Forstwirte und empfahl Änderungen. Im Kern stellten die Prüfer fest, dass solche Betriebe vergleichsweise zu wenig Steuern zahlten und zu günstig wegkämen. Eine pauschale Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen sei ungerecht, nicht mehr zeitgemäß und ergebe zu niedrige Steuern. Der Bundesrechnungshof empfiehlt, die Gewinnermittlung nach der sogenannten Einheitsbewertung abzuschaffen.
Der Bundesrechnungshof hatte nach eigenen Angaben schon 1995 eine zutreffende und gerechte Besteuerung kleinerer Land- und Forstwirte angemahnt. Die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen sei daraufhin mit dem Ziel geändert worden, die Mängel zu beseitigen. In ihrem aktuellen Bericht stellten die Prüfer fest, dass die damals vom Gesetzgeber erhoffte Vereinfachung nicht eingetreten sei.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa