Politik

Bedenken gegen CD-Kauf ausgeräumt Steuerfahndern winkt fette Beute

Nach Angaben der nordrhein-westfälischen Landesregierung steht einem Kauf der CD mit Daten über Steuersünder rechtlich nichts mehr im Wege. Damit erhalten die deutschen Ermittler bald Informationen über Schweizer Konten von rund 1500 Steuerflüchtigen, die nach Medienberichten bis zu 400 Millionen Euro am Fiskus vorbeigeschleust haben sollen.

Dem Fiskus stehen möglicherweise Nachzahlungen in Höhe von mehreren hundert Millionen Euro ins Haus.

Dem Fiskus stehen möglicherweise Nachzahlungen in Höhe von mehreren hundert Millionen Euro ins Haus.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Die zum Verkauf angebotenen Daten von Steuersündern können nach Einschätzung der nordrhein-westfälischen Landesregierung straffrei genutzt werden. Eine Überprüfung habe ergeben, dass sich die handelnden Amtsträger, wenn es zum Datenkauf komme, nicht strafbar machten, sagte der nordrhein-westfälische Finanzminister Helmut Linssen. Angekaufte Beweismittel könnten auch in Steuer- und Strafverfahren genutzt werden, fügte der CDU-Politiker hinzu. "Der Staat ist grundsätzlich verpflichtet, jeden Verdacht der Steuerhinterziehung nachzugehen." Würde der Staat dies nicht tun, sei dies Strafvereitelung im Amt.

Die Behörden von Bund und Ländern hatten sich nach Worten von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble bereits grundsätzlich zum Kauf der Daten entschieden. Zuletzt mussten noch rechtliche Fragen geklärt werden. Ein Informant hatte den deutschen Steuerbehörden Ende Januar gestohlene Bankdaten von angeblich bis zu 1500 Deutschen angeboten. Für die brisanten Informationen verlangt er 2,5 Millionen Euro. Bei einem ähnlichen Fall mit Daten aus Liechtenstein hatten die Behörden vor rund drei Jahren die Informationen für knapp fünf Millionen Euro gekauft.

400 Millionen Euro Schaden?

Insgesamt sollen die mithilfe der CD enttarnten Steuersünder den Fiskus um bis zu 400 Millionen Euro geprellt haben. Dabei gehe es um deutsche Kunden der Großbank Credit Suisse, berichtete die "Süddeutsche Zeitung" ("SZ"). Die Bank hat nach eigenen Angaben bislang keinerlei Erkenntnisse über einen Datendiebstahl. "Wir haben keinerlei Indizien, die darauf hinweisen würden, dass es sich um CS-Daten handelt", erklärte Vizepräsident Urs Rohner. Absolute Sicherheit gebe es aber nicht, jedes System könne geknackt werden.

Die "SZ" schreibt unter Berufung auf die Finanzbehörden, der Steuerbetrug betreffe nicht nur Fälle, die schon mehrere Jahre zurücklägen. Ein Teil der dokumentierten Kontobewegungen sei neueren Datums und stamme aus dem Jahr 2008. Interne Dokumente der Credit Suisse wiesen darauf hin, dass die meisten deutschen Kunden der Bank ihr angelegtes Geld vor dem Fiskus verstecken wollten.

Die traditionsreiche Großbank Credit Suisse hält sich bislang bedeckt.

Die traditionsreiche Großbank Credit Suisse hält sich bislang bedeckt.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

In Niedersachsen gingen beim Fiskus erste größere Selbstanzeigen ein. Nach Angaben der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" meldeten sich bis Mittwoch fünf Bürger, die auf nicht versteuerte Einnahmen von insgesamt 900.000 Euro hingewiesen hätten. Niedersachsens Finanzminister Hartmut Möllring (CDU) rief in der Zeitung weitere Steuersünder zu diesem Schritt auf: "Wenn der Staat erst im Besitz der Daten ist, wird es für eine Selbstanzeige zu spät sein.

Schneider will Steuerflüchtlinge erziehen

Die Kritik aus der Schweiz am geplanten Kauf trifft in Deutschland größtenteils auf taube Ohren. Der SPD-Haushaltsexperte Carsten Schneider sprach dem Alpenland gar das moralische Recht ab, sich über den Ankauf von gestohlenen Bankdaten aufzuregen. Die Schweiz habe jahrzehntelang davon gelebt, "die großen Nachbarländer auszusaugen". Das Anwerben von Steuerhinterziehern durch Banken in der Schweiz und Österreich brandmarkte er als "asozial". "Diese Werbe-Unterlagen hatte ich alle auf dem Tisch, das war unappetitlich", sagte der haushaltspolitische Fraktionssprecher der Sozialdemokraten.

Die weltweite Finanzkrise sieht Schneider als Chance, die Steueroasen endlich auszutrocknen. "Die Verhandlungen werden seit Jahrzehnten geführt und immer, wenn es zwei Schritte voranging, ging es kurz darauf wieder zwei zurück." Jetzt stünden die großen Industrienationen, allen voran die USA, jedoch mit dem Rücken zur Wand. "Ein weiteres Ausbluten können wir uns nicht mehr leisten." Für den Abgeordneten gibt es deshalb keine Alternative zum Kauf der Bank-Daten. "Damit ist die Chance verbunden, dass sich das Verhalten von Steuerflüchtlingen ändert. Es ist gut, wenn sie künftig in Unsicherheit leben müssen.

Der Streit um die Daten wird nach Ansicht von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble die Beziehungen zur Schweiz nicht nachhaltig belasten. Der "Bild"-Zeitung sagte Schäuble: "Es wird keine Eiszeit geben. Es ist doch völlig in Ordnung, dass dieses Thema in der Schweiz ähnlich kontrovers diskutiert wird wie in Deutschland."

Verbraucherschützer: Ein "Dammbruch"

Die Verbraucherzentralen warnen die Bundesregierung vor einem Dammbruch beim Kauf gestohlener Daten über Steuersünder. "Mir ist schon ein bisschen mulmig, wenn über den Ankauf von Daten der Staat Teil des Datenhandels wird oder von ihm profitiert", sagte der Chef des Bundesverbands der Verbraucherzentralen, Gerd Billen. Er sei nicht dafür, dass Steuern hinterzögen würden. "Aber ich habe Sorge, dass hier ein Dammbruch geschieht und sich auch an anderer Stelle Leute melden und sagen, sie haben interessante Daten." Die Persönlichkeitsrechte müssten geachtet werden.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP/rts

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