Stunde der Wahrheit für Eichel Steuerschätzung & EU-Prognose
12.11.2002, 22:49 UhrFür Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) wird es am Mittwoch ernst: Zum einen muss er das wahrscheinlich wenig erfreuliche Ergebnis des Arbeitskreises Steuerschätzung, der in Dessau tagte, bekannt geben. Zum anderen wird die EU-Kommission in Brüssel ihre Herbstprognose zur wirtschaftlichen Entwicklung vorlegen.
Es gilt als sicher, dass der Arbeitskreis, dem Experten aus Bund, Ländern und Kommunen angehören, seine Prognose auf Grund der anhaltenden Konjunkturflaute deutlich nach unten korrigieren wird. Es wird damit gerechnet, dass die Schätzung im Vergleich zur Mai-Prognose um einen zweistelligen Milliardenbetrag gesenkt wird.
Nach einer Prognose des Finanzministeriums muss 2002 und 2003 mit Mindereinnahmen von insgesamt 30 Mrd. Euro gerechnet werden. Knapp die Hälfte des Betrags entfällt auf den Bund. Der Steuerausfall zwingt Eichel dazu, für das laufende Jahr einen Nachtragshaushalt vorzulegen. Die Neuverschuldung wird statt der geplanten 21,1 Mrd. zwischen 30 und 34 Mrd. Euro betragen.
Defizit auch 2003 über 3,0 Prozent?
Ebenfalls mit Spannung erwartet wird die Prognose der EU-Kommission, in der auch das erwartete Haushaltsdefizit der Euro-Staaten enthalten ist. Unbestätigten Berichten zufolge rechnet die EU-Kommission damit, dass Deutschland nicht nur 2002, sondern auch im kommenden Jahr die im Stabilitätspakt verankerte Drei-Prozent-Marke reißen wird.
Eichel wies Spekulationen, wonach die EU für 2003 ein Defizit von 3,2 Prozent und damit einen erneuten Bruch der Stabilitätskriterien erwartet, am Dienstag zurück. Die Defizitgrenze von 3,0 werde 2003 nicht überschritten. Zugleich räumte er ein, dass Deutschland mit einem Defizit von 3,7 Prozent in diesem Jahr den Stabilitätspakt deutlich verletzen werde.
Verbände begehren auf
In einem Brief an Bundeskanzler Gerhard Schröder (Schröder) warnten die acht führenden Wirtschaftsverbände vor drastischen Folgen der rot-grünen Steuerpläne für Wachstum und Beschäftigung. Auf die Unternehmen kämen in der kommenden Legislaturperiode mehr als 35 Mrd. Euro an Mehrbelastungen zu, die kaum zu verkraften seien. "Gegen die Steuerpläne der Regierung läuft die Wirtschaft gemeinsam Sturm", sagte eine Sprecherin des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI).
Auch in einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses des Bundestags warnten Wirtschaftsvertreter vor negativen Auswirkungen der Steuerpläne auf die Konjunktur. Die Veränderungen an der Ökosteuer würden aus rein fiskalischen, nicht aber zum Zwecke des Klimaschutzes vorgenommen, lautete ein Vorwurf.
Quelle: ntv.de