Volumen weiter offen Steuersenkungen kommen
13.01.2010, 20:42 UhrNach wochenlangem Schweigen meldet sich Kanzlerin Merkel mit einem Bekenntnis zu weiteren Steuersenkungen zurück. Die Steuerreform sei möglichst bis 2011 umzusetzen. "Dabei bleibt es." Damit schlägt die CDU-Chefin einen Tag vor der Vorstandsklausur andere Töne an als führende Unionspolitiker und weist Kritik am Koalitionspartner FDP zurück.

Die Chefin ist an der Seite ihres Juniorpartners.
(Foto: dpa)
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hält trotz teils heftiger Kritik aus ihrer eigenen Partei an den geplanten Steuersenkungen und der im Koalitionsvertrag beschlossenen Einführung eines Stufentarifs fest. "Ich stelle die Steuerstrukturreform nicht in Frage. Sie ist nach dem Koalitionsvertrag möglichst bis 2011 umzusetzen. Dabei bleibt es", sagte Merkel dem "Handelsblatt". Damit meldete sich die Kanzlerin nach wochenlangem Schweigen in der Steuerdebatte mit einem klaren Bekenntnis zu Wort.
Tatsächlich kann die Kanzlerin den Grundsatzstreit zwischen Steuergeschenken und solider Haushaltspolitik aber nur vertagen: Die Steuerschätzung wird im Mai erwartet.
Steuerschätzung abwarten
Auf das im Koalitionsvertrag genannte Volumen von insgesamt 24 Milliarden Euro Steuerleichterungen in den kommenden vier Jahren wollte sich Merkel nicht festlegen. "Wir werden im Lichte der Steuerschätzung über die konkrete Ausgestaltung der Steuerreform entscheiden", sagte sie. Dies sei von Anfang an so geplant gewesen. Es bleibe aber bei dem von der FDP geforderten neuen Stufentarif bei der Einkommensteuer, der schließlich im Koalitionsvertrag vereinbart worden sei.
Merkel nahm überraschend deutlich die FDP gegen Angriffe aus den Reihen ihrer CDU und der CSU in Schutz. "Es ist schon interessant, dass vor allem die FDP Kritik dafür erfahren hat, dass das, was wir versprochen haben, auch wirklich gemacht wird." Die FDP wolle "jetzt nach der Wahl nicht dauerhaft etwas anderes sagen als sie vorher gesagt hat", so Merkel. "Das kann ihr niemand ernsthaft ankreiden", sagte die Kanzlerin.
Andere Töne

"Die Führungsstärke ist da", sagt Seehofer über seine Kanzlerin. "Da muss man nicht Therapien vorschlagen."
(Foto: dpa)
Damit schlug Merkel unmittelbar vor der am Donnerstag beginnenden CDU-Vorstandsklausur völlig andere Töne an, als zahlreiche führende Unionspolitiker. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident und CDU-Bundesvize Jürgen Rüttgers forderte einen "Neustart" in der Steuerdebatte. "Vielleicht müssen wir die Steuersenkungen auf der Zeitschiene strecken", sagte Rüttgers dem Magazin "Stern". CSU-Chef Horst Seehofer hatte ebenfalls vor seiner Ansicht nach zu weitreichenden Entlastungen gewarnt. FDP-Generalsekretär Christian Lindner lehnte eine Streckung der Reform ab und verwies auf den Koalitionsvertrag.
Schäuble mahnt zum Sparen

Schäuble will dem Schuldenabbau den Vorrang geben und predigt lieber Wasser als Wein.
(Foto: dpa)
Merkel war sowohl von Unions- als auch von FDP-Politikern aufgefordert worden, in der Steuerdiskussion Position zu beziehen. Ihr klares Bekenntnis zu der zuletzt massiv nur noch von der FDP vorangetriebenen Steuerreform dürfte möglicherweise auch bei Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) auf Vorbehalte stoßen. Er ließ seine Kabinettskollegen zur Aufstellung des Haushaltes für 2011 wissen, dass für die kommenden Jahre der Schuldenabbau und Sparmaßnahmen dafür "absoluten Vorrang" vor allen anderen Dingen hätten. "Alle Einsparpotenziale sind grundsätzlich prioritär zur Einhaltung der Schuldenregel einzusetzen", heißt es in einem Schreiben des Ministers.
"Im Zeitraum 2011 bis 2016 müssen wir die strukturelle Lücke im Bundeshaushalt um 60 Milliarden Euro schließen", heißt es weiter. Das entspreche einem Fünftel der im laufenden Jahr geplanten Ausgaben. Daher müsse allen Beteiligten klar sein, "dass kein Politikbereich von Konsolidierungsüberlegungen ausgenommen werden kann." Auch der Vorsitzende der Wirtschaftsweisen, Wolfgang Franz, warnte vor weiteren Steuerentlastungen auf Pump. "Es spricht nichts gegen Steuersenkungen, nur müssen die gegenfinanziert werden", sagte der Chef des Mannheimer Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW). "Im Moment haben wir dafür kein Geld."
Merkel verteidigte ihren Steuerkurs im "Handelsblatt". "Es ist weitgehend unstreitig, dass unser Steuersystem an vielen Stellen einfacher und gerechter werden muss. Das ist keine Klientelpolitik", fügte Merkel hinzu. "Und wir setzen darauf, dass Steuersenkungen Wachstumsimpulse mitbringen können."
Quelle: ntv.de, rts/dpa