Umstrittener NS-Vergleich Stiegler bleibt dabei
18.02.2002, 11:57 UhrIm Streit um seinen historischen Vergleich zwischen der aktuellen Debatte um das NPD-Verbot und der Machtergreifung der Nazis 1933 hat SPD-Fraktionsvize Ludwig Stiegler nachgelegt: Die Äußerungen seien notwendig gewesen, "weil der Eindruck entstanden ist, als ob die Parteien im Bundestag mehr mit sich selbst beschäftigt seien als mit dem NPD-Verbot", sagte Stiegler dem DeutschlandRadio Berlin. In solchen Situationen könne man nicht "pausenlos taktische Rücksicht nehmen", verteidigte Stiegler seine vorherigen Worte. Daher habe ihn die "Erregungswelle", die über das Land geschwappt sei, sehr verwundert.
Stiegler hatte die Oppositionsparteien auf Grund der Diskussion um die V-Mann-Affäre im NPD-Verbotsverfahren kritisiert. Die Mäkeleien der Liberalen und der Union an dem Verfahren seien "unbegründet und ärgerlich", erklärte Stiegler. Gerade bei CDU/CSU und FDP, deren Vorläuferparteien Hitler zunächst verharmlost und dann mit an die Macht gebracht hätten, müsste "die historische Schuld alle denkbaren Aktivitäten auslösen, wenigstens heute schon den Anfängen zu wehren".
Die Opposition hatte mit Empörung auf Stieglers Äußerungen reagiert. In einem Brief an Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) verwahrten sich die Fraktionen von FDP und Union gegen den historischen Vergleich.
Beckstein weiterhin pro Verfahren
Bayerns Innenminister Günter Beckstein (CSU) plädierte erneut dafür, trotz der Pannen im NPD-Verbotsverfahren an den Verbotsanträgen festzuhalten. Im "F.A.Z.-Businessradio" wandte er sich dagegen, die Anträge zurückzuziehen und vollständig neu zu überarbeiten. Dass V-Leute als Quellen dienten, sei nicht zu beanstanden, erklärte Beckstein. Der Skandal sei vielmehr, dass man dies dem Bundesverfassungsgericht "in völlig unmöglicher Weise" mitgeteilt habe.
Beckstein betonte, am Charakter der rechtsextremen Partei habe sich nichts geändert. Sie sei "brutal ausländerfeindlich" und müsse daher verboten werden. Wegen der Verzögerung des Verfahrens durch die V-Mann-Affäre gehe er jedoch davon aus, dass die NPD bei der Bundestagswahl am 22. September antreten könne, sagte Beckstein. Auch Niedersachens Innenminister Heiner Bartling (SPD) erklärte, er rechne nicht mehr mit einem schnellen Ende des Verfahrens.
Westerwelle in Schilys Visier
Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) nahm FDP-Chef Guido Westerwelle scharf in die Kritik: "Er sollte jetzt lieber den Mund halten", sagte Schily an Westerwelle gerichtet in der "Passauer Neuen Presse". Der FDP-Vorsitzende hatte gefordert, wegen der V-Mann-Affäre aus dem Verbotsverfahren gegen die NPD auszusteigen. Westerwelle sei jedoch nicht erst seit der Pannen, sondern "schon immer ein Gegner des NPD-Verbotsverfahrens" gewesen, sagte Schily.
Quelle: ntv.de