Geschenk für Besserverdienende? Stoibers Steuerpläne
15.04.2002, 08:34 UhrDie Steuerpläne der Opposition konkretisieren sich. Unions-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber (CSU) erklärte nach einer Sitzung des Wahlkampfteams von CDU und CSU in Berlin, er plane eine "große Entlastung nicht nur für den Mittelstand, sondern für alle insgesamt". Spitzenpolitiker von CDU und CSU bestätigten zugleich einen Bericht des "Handelsblatts" als "in jedem Detail richtig", wonach das Steuerkonzept der Union einen Höchstsatz für die Einkommenssteuer von 40 Prozent und einen Einstiegssatz von 15 Prozent vorsieht. Finanzminister Eichel kritisierte, die Pläne seien unfinanzierbar.
Das „Handelsblatt“ hatte am Montag aus den Vorschlägen für das Wahlprogramm der Union zitiert. Gegenwärtig liegt der niedrigste Steuersatz bei 19,9 Prozent, der höchste bei 48,5 Prozent. Im Gegenzug zu diesen Steuersenkungen sollen Steuerbefreiungen weitgehend abgeschafft werden, schrieb das "Handelsblatt".
Die durchschnittliche Einkommenssteuerbelastung solle nicht mehr als 20 Prozent betragen, heißt es in dem Bericht. Im Falle eines Wahlsiegs im September wolle die Union bereits 2003 die Ökosteuer einfrieren.
Die Union plant nach dem Konzept auch, die Unternehmensbesteuerung zu überarbeiten. Demnach soll die aus Sicht von CDU/CSU benachteiligende Besteuerung von Personalunternehmen im Vergleich zu Kapitalgesellschaften abgeschafft werden. Überprüft werden solle auch die Steuerfreiheit von Beteiligungsveräußerungen von Kapitalgesellschaften.
Das Konzept soll in das Wahlprogramm der Union einfließen, das am 29. April offiziell vorgestellt werden soll. Wie aus politischen Kreisen verlautete, wurden die Vorschläge von dem Chef der bayerischen Staatskanzlei Erwin Huber (CSU), dem CSU-Landesgruppenchef Michael Glos, dem Unions-Fraktionschef Friedrich Merz und dem früheren Parteichef der CDU Wolfgang Schäuble erarbeitet.
Eichel: Etatlage gibt nicht mehr her
Laut Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) sind zusätzliche Steuersenkungen in dieser und in der nächsten Legislaturperiode nicht möglich. Die Stoiber-Pläne seien ein „Null-Konzept“ sagte er. Wenn in dem Konzept die Rede von einen Eingangssteuersatz von 17 Prozent und einem Spitzensteuersatz von 47 Prozent im Jahr 2003 sei, so „haben wir (das) mit der Steuerreform 2000 bereits umgesetzt", erklärte Eichel.
Offenbar wolle der Kanzlerkandidat der Union im Übrigen bei seiner Absenkung der Steuerbelastung für die Bürger vor allem die Besserverdienenden entlasten. Zur Gegenfinanzierung müssten Geringsverdiener herhalten. "Was jetzt noch übrig bleibt, sind also mal wieder die Sonntags-, Nacht- und Feiertagszuschläge der Krankenschwester und der Arbeitnehmerfreibetrag mit der Entfernungspauschale für die Pendler", sagte Eichel.
"Mehr als wir getan haben ist da nicht möglich", betonte Eichel mit Blick auf die rot-grüne Steuerreform, deren nächste Stufen 2003 und 2005 in Kraft treten sollen. Wer mehr verspreche, "wird entweder nach der Wahl das alles nicht einhalten oder aber den europäischen Stabilitätspakt brechen und damit nachdrücklich dem Euro schaden ".
Wirtschaft kritisiert Stoiber
Führende Wirtschaftsvertreter warfen Stoiber zu starke Zurückhaltung in Wirtschaftsfragen vor. "Was auffällt, ist, dass wir nichts von Herrn Stoiber zum Thema Wirtschaftspolitik hören", sagte der Präsident des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer (VDMA), Diether Klingelnberg. Der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Michael Rogowski, stimmte der Kritik zu: "Ich habe mich auch schon gefragt: Warum hört man so wenig?", sagte Rogowski.
Quelle: ntv.de