Versäumnisse vor Breivik-Anschlägen Stoltenberg lehnt Rücktritt ab
28.08.2012, 13:48 Uhr
Stoltenberg während seiner Erklärung.
(Foto: AP)
Die Anschläge des Rechtsextremisten Breivik hätten verhindert werden können. Doch weil es Versäumnisse bei den Sicherheitsmaßnahmen gibt, kann er 77 Menschen töten. Dieses Versagen wird nun im Osloer Reichstag aufgearbeitet.
Norwegens Regierungschef Jens Stoltenberg hat Versäumnisse beim Einsatz gegen den erst vor wenigen Tagen verurteilten Massenmörder Anders Behring Breivik eingeräumt, einen Rücktritt jedoch abgelehnt. In einer Sondersitzung des norwegischen Parlaments über einen kritischen Expertenbericht zum Polizeieinsatz sagte Stoltenberg in Oslo: "Der Bericht ist umfassend und konkret. Ernst und unerfreulich." Das 500 Seiten umfassende Dokument war ihm Mitte des Monats vorgelegt worden. Der Bericht habe ein "Versagen" in Norwegens Notfallsystemen aufgedeckt. "Dieses Versagen war viel weitreichender, als ich es erwartet hatte."
Nach dem unabhängigen Expertenbericht war die Polizei viel zu spät eingeschritten. Eine schnellere Reaktion auf der Ferieninsel Utøya sei "eine realistische Möglichkeit" gewesen, heißt es im Bericht. Außerdem wurden Schwächen in der Reaktion der Regierung und anderer Behörden aufgedeckt. Die Straße vor dem Regierungssitz in Oslo hätte abgesperrt werden müssen, sagte Stoltenberg vor den Abgeordneten. Der Todesschütze hätte früher dingfest gemacht werden können, und mehrere Sicherheitsmaßnahmen seien nicht ergriffen worden.
Stoltenberg äußerte sein Bedauern über dieses und andere Versäumnisse, sowie darüber, dass Breivik "nicht früher gefasst worden ist". Der wegen der Vorwürfe unter Druck stehende Ministerpräsident fügte hinzu, Hauptaufgabe sei jetzt die Verbesserung der Sicherheitslage. Dieser Aufgabe werde er sich widmen. Stoltenberg kündigte die Bildung eines Einsatzzentrums der Polizei in Oslo an, in dem Eliteeinheiten, Hubschrauber und Hundestaffeln zusammengefasst werden sollen. Zudem solle es "mehr und bessere Übungen" geben, um künftig besser auf Notfälle vorbereitet zu sein.
Breivik hatte am 22. Juli 2011 im Regierungsviertel von Oslo mit einer Autobombe acht Menschen getötet. Danach erschoss er in einem Jugendlager der regierenden Arbeiterpartei auf der Insel Utøya 69 Menschen. Für die Anschläge war er in der vergangenen Woche zur plus anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt worden.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP