Klage gegen US-Hersteller Strahlenopfer fordern Millionen
08.10.2002, 17:50 UhrDie an Krebs erkrankten ehemaligen Radartechniker der Bundeswehr haben die US-Hersteller von Radargeräten auf Schadenersatz und Schmerzensgeld in Millionenhöhe verklagt. Der Berliner Rechtsanwalt Reiner Geulen hat in Zusammenarbeit mit vier US-Kanzleien vor einem Gericht in El Paso im amerikanischen Bundesstaat Texas eine entsprechende Sammelklage eingereicht.
Sammelklage gegen US-Hersteller
Geulen vertritt nach eigenen Angaben über 450 Bundeswehr-Soldaten sowie knapp 400 Angehörige anderer NATO-Armeen, die zwischen 1958 und Mitte der 80er Jahre an Radargeräten amerikanischer Hersteller gearbeitet haben und an Krebs erkrankt oder bereits gestorben sind. Die Klage richtet sich gegen die großen amerikanischen Elektronik-Konzerne Raytheon Company, Lucent Technologies, General Electric Corporation, Honeywell International Inc., ITT-Gilfillan Inc. und ITT-Industries Inc.
Den Gerichtsort El Paso erklärte Geulen damit, dass dort die beklagten Firmen ihren Sitz hätten, und die Radartechniker auch dort an den Geräten ausgebildet worden seien. In der Klageschrift wird darauf verwiesen, die Betroffenen seien zum Teil viele Jahre lang mit der Bedienung oder Wartung der Radargeräte beauftragt gewesen. Dabei seien sie einer permanenten radioaktiven Strahlung ausgesetzt worden. Gegen diese Strahlung habe es seinerzeit keinerlei Schutzmaßnahmen gegeben, auch sei das Personal über die Risiken nicht aufgeklärt worden.
Schadenersatz in Millionenhöhe
Mit einem Urteil rechne der Anwalt Ende 2003. Die Forderungen seien der Höhe nach nicht beziffert worden. Die untere Grenze für eine Entschädigung liege aber nach US-Recht bei einer bis zwei Millionen US-Dollar pro Person.
Mitkläger ist laut Geulen der Bund zur Unterstützung Radargeschädigter. Die Vereinigung will eine systematische medizinische Untersuchung aller Personen einklagen, die jemals an den fraglichen Geräten beschäftigt gewesen sind. So sollen eventuell noch nicht erkannte Krebserkrankungen festgestellt und die Heilungschancen der Betroffenen erhöht werden.
Krankheits- und Todesfälle
Insgesamt vertritt Geulen nach eigenen Angaben 822 Opfer nicht abgeschirmter Radargeräte. Sie seien überwiegend an Leukämie oder Hodenkrebs erkrankt. 185 seien inzwischen verstorben, bis zu drei Todesfälle pro Woche kämen hinzu. Außer an amerikanischen Geräten sei auch an ebenso gefährlichen Geräten anderer, darunter deutscher, Hersteller sowie im Falle von 126 ehemaligen NVA-Soldaten an sowjetischen Produkten gearbeitet worden.
Im März hatte Geulen im Auftrag von sechs krebskranken ehemaligen Bundeswehr-Radarexperten Musterklagen gegen das Bundesverteidigungsministerium vor den Landgerichten Bonn und Frankfurt/Oder eingereicht. Verlangt werden zusätzliche Rentenzahlungen und ein einmaliges Schmerzensgeld von 60.000 Euro. Nach Angaben des Anwalts ruhen diese Klagen aber zurzeit. Eine 16-köpfige Wissenschaftlerkommission sei mit der Überprüfung des Zusammenhangs zwischen der Tätigkeit an den Radargeräten und den Krebserkrankungen beauftragt. Erst nach Vorlage des Ergebnisses Anfang 2003 würden die Verfahren wiederaufgenommen.
Quelle: ntv.de