Politik

Sex, Twitter, Hollywood Strauss-Kahn fehlen Beweise

Dominique Strauss-Kahn, rechts, und sein Anwalt Benjamin Brafman.

Dominique Strauss-Kahn, rechts, und sein Anwalt Benjamin Brafman.

(Foto: AP)

IWF-Chef Strauss-Kahn sitzt auf einer Gefängnisinsel in Untersuchungshaft. Es gibt viele Details in diesem mehr als pikanten Fall um sexuelle Belästigung, die nicht zueinander passen wollen - wie ein angebliches Essen oder Twitter-Einträge. Frankreichs Filmindustrie ist begeistert.

Dominique Strauss-Kahn ist Sozialist, französischer Sozialist. Er wäre wohl der Gegenkandidat von Frankreichs "Bling Bling"-Präsident Nicolas Sarkozy geworden – wäre da nicht die Aufregung um die angebliche Belästigung in einem New Yorker Hotel. Nackt soll der Kopf des Internationalen Währungsfonds vor dem Zimmermädchen gestanden, ihr in den Schritt und an die Brüste gepackt haben. "Sein Penis", das ist das intimste bekannte Detail, hatte der Anklageschrift nach "gewaltsam zweimal Kontakt mit dem Mund des Opfers".

Nicht alle sind jedoch der Meinung, dass der IWF-Chef diese Tat wirklich begangen hat. Vielmehr berichten Blogger und inoffizielle Quellen von Details, die tatsächlich an ein Komplott glauben lassen könnten. Da ist ein angebliches Essen Strauss-Kahns mit seiner Tochter kurz nach der Tatzeit, sowie unterschiedliche Angaben der Ermittler und des Zimmermädchens. Doch zu allem fehlen bislang die Beweise, wie etwa ein Zahlungsbeleg des Restaurants. Die "New York Post" meldete gar, Strauss-Kahns Anwalt Ben Brafman habe dem Gericht gesagt, es könne zwar sein, dass sich sein Mandant auf das Zimmermädchen gestürzt habe, aber diese habe es gewollt. "Die Beweise, glauben wir, geben keine Hinweise auf eine gewaltsame Begegnung", sagte Brafman dem Boulevardblatt zufolge.

Kratzer auf dem Rücken?

Arnaud Dassier während des französischen Wahlkampfes im Jahr 2007.

Arnaud Dassier während des französischen Wahlkampfes im Jahr 2007.

(Foto: ASSOCIATED PRESS)

Manch französischer Politiker spricht gar von einem "Attentat" auf den 62-Jährigen. Dem konservativen und im eigenen Land umstrittenen Sarkozy kommt der Trubel um Strauss-Kahn gerade recht. Die erste Twitter-Nachricht über den Fall kam von einem Mitglied von Sarkozys konservativer UMP. Jonathan Pinet, Mitglied der Jugendorganisation der Partei, meldete den Vorfall als Erster: "Ein Freund in den Vereinigten Staaten hat mir eben gesagt, dass DSK vor einer Stunde von Polizisten in einem Hotel festgenommen wurde", heißt es dort.

Vierundzwanzig Minuten später verbreitete Arnaud Dassier die Meldung – der Mann, der im Jahr 2007 Sarkozys Online-Wahlkampf organisiert hatte. Dassier ist Anteilseigner der Internetseite atlantico.fr, der Anhänger Strauss-Kahns gezielte Berichterstattung gegen den IWF-Chef vorwerfen. Nach Angaben eben dieser Nachrichtenseite soll Strauss-Kahn Kratzer auf seinem Rücken und DNA-Spuren hinterlassen haben, und beruft sich dabei auf die Polizei und das französische Konsulat in New York.

Seltsam ist an diesen Details, dass die Polizei Strauss-Kahn gar nicht im Hotel verhaftete, sondern in einer Air-France-Maschine kurz vor dem Start in Richtung Paris. Zudem heißt es auf verschiedenen Internetseiten, der Twitter-Eintrag Pinets sei in prophetischer Voraussicht 40 Minuten vor der wirklichen Festnahme aufgetaucht.

"Ein Schlag für Frankreich"

Sollten die Ermittler Strauss-Kahn den zweifachen erzwungenen Oralsex nachweisen, drohen ihm zusammen 50 Jahre Haft. Zudem werden dem Franzosen versuchte Vergewaltigung und Freiheitsberaubung vorgeworfen. Allein deshalb ist die politische Karriere Strauss-Kahns bereits beendet, ist der frühere "Le Monde"-Chefredakteur Daniel Vernet überzeugt. "Es geht in diesem Fall nicht um Affäre, Seitensprung und so weiter, sondern es geht um kriminelle Taten." Daher sei die Empörung und Überraschung in Strauss-Kahns Heimat und anderswo so groß. Der Fall sei zudem "ein Schlag für Frankreich".

Der Eingang zum Gefängniskomplex auf Rikers Island.

Der Eingang zum Gefängniskomplex auf Rikers Island.

(Foto: Reuters)

Der Prozess in den USA kann mehrere Monate oder auch Jahre dauern. Zumindest bis Freitag wird "DSK" auf Rikers Island bleiben müssen. In dem Gefängnis bewohne er eine etwa dreieinhalb mal vier Meter große Einzelzelle, sagte ein Sprecher der Gefängnisbehörde. Kontakt zu anderen Gefangenen gibt es für Strauss-Kahn demnach nicht. Der Grund: Er sei eine berühmte Persönlichkeit. Auf Rikers Island sind weitere rund 14.000 Männer und Frauen inhaftiert.

Zutaten für "kafkaesken" Film

Abseits der juristischen Fragen wird in Frankreich bereits über eine Verfilmung des Falls spekuliert. "Menschlichkeit, Macht, Frauen, Sex und Geld - es hat alles", sagte Jean-André Yerles, der Vize-Präsident der französischen Vereinigung der Drehbuchautoren. "Was mich faszinieren würde, wenn ich einen Film darüber machen würde, wäre nicht der billige Plot, den der typische amerikanische Film darin finden würde, sondern die Selbstzerstörung dieser Figur", sagte Yerles. "Man hat den Eindruck von jemand, der einen Pakt mit dem Teufel geschlossen hat und dafür bestraft wird, ihn nicht eingehalten zu haben."

"Kein Film ist so eindrucksvoll wie die DSK-Affäre", sagte auch der Kritiker Serge Kaganski vom Kulturmagazin "Les Inrockuptibles". Der Skandal habe alle Zutaten für einen "kafkaesken" Film der Brüder Ethan und Joel Coen.

Quelle: ntv.de, mit AFP/dpa

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