Politik

Ballistik entlastet Polizisten Streik in Griechenland

Nach den beispiellosen Krawallen der vergangenen Tage hat sich die Lage in Griechenland leicht entspannt. Zwar kam es in der Nacht und im Laufe des Tages im Zentrum Athens wieder zu gewalttätigen Auseinandersetzungen, doch in weit geringerem Maße als in den Vortagen. Allerdings lähmte ein - schon länger angekündigter - landesweiter Streik das öffentliche Leben und brachte den Flugverkehr für 24 Stunden zum Erliegen.

Vorwiegend junge Leute lieferten sich Straßenschlachten mit der Polizei. Etwa 100 Randalierer warfen Brandsätze auf Polizisten vor dem Parlamentsgebäude in Athen. Die Polizei feuerte Tränengas in die Menge. Die Demonstranten warfen daraufhin Steine und Flaschen auf die Beamten. Regierungskreise traten Gerüchten entgegen, dass Notstandsmaßnahmen geplant seien. Nach der Verfassung können öffentliche Versammlungen verboten werden, wenn von ihnen eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht.

Tödliche Kugel war Querschläger

Unterdessen erklärte der Rechtsanwalt des griechischen Polizisten, aus dessen Waffe der tödliche Schuss auf einen 15-jährigen Jungen abgegeben worden war, die ballistische Untersuchung der Kugel entlaste seinen Klienten. "Die Untersuchung spricht für meinen Mandanten", sagte der Rechtsanwalt des mutmaßlichen Schützen. Die tödliche Kugel sei ein Querschläger gewesen, meinte der Rechtsanwalt. Das habe die Autopsie der Leiche ergeben. Demnach ist die Kugel "ein bisschen verformt, was darauf hinweist, dass sie auf einen harten Untergrund prallte", bevor sie in die Brust des Opfers einschlug. Eine offizielle Bestätigung gab es dafür nicht. Der Tod des Jugendlichen hatte die tagelangen Krawalle ausgelöst.

Der 37-jährige Polizist hatte seit Samstag mehrmals ausgesagt, er habe drei Warnschüsse abgefeuert; das Opfer sei von einem Querschläger getroffen worden. Er hofft nun, nicht wegen Totschlags oder Mord, sondern nur wegen fahrlässiger Tötung belangt zu werden. Einem 31-jährigen Polizei-Kollegen wird bislang Beihilfe zum Totschlag vorgeworfen.

Am Mittwochnachmittag wurden die beiden Polizisten, die sich in Untersuchungshaft befinden, dem Untersuchungsrichter vorgeführt. Die Aussagen sollten mehrere Stunden dauern, berichtete das Staatsradio weiter. An der Straße, wo der 15-Jährige Alexandros Grigoropoulos getötet wurde, hatten Passanten Dutzende Zettel mit Sprüchen wie "Gute Reise Alex. Wir werden Dich nie vergessen", an die Wand geklebt.

Karamanlis verspricht Hilfe

Im Zentrum Athens waren am Mittwoch die meisten zerstörten Geschäfte mit Wellblech provisorisch gesichert. Andere Ladenbesitzer versuchten, ihre Schaufenster wieder einzurichten. Der griechische Regierungschef Kostas Karamanlis versprach den Geschädigten günstige Kredite und eine Soforthilfe von 10.000 Euro für jeden Laden, der zerstört wurde. Bei Unternehmen, die bis zum 20. Dezember nicht wieder öffnen können, übernehme der Staat die Gehälter der Angestellten für drei Monate, kündigte Karamanlis an. Schätzungen nach wurden in Athen und Piräus rund 500 Geschäfte zerstört oder beschädigt.

Generalstreik lähmt das Land

Der Generalstreik hat weite Teile Griechenlands lahmgelegt. In der Hauptstadt versammelten sich Arbeiter und skandierten Sprechchöre gegen die Regierung. Ihre Protestaktion richtet sich gegen die Wirtschaftspolitik der konservativen Regierung von Karamanlis. "Die Teilnahme an dem Streik ist umfassend", sagte ein Sprecher der Gewerkschaft GSEE, "das ganze Land steht still."

An dem Streik der zwei größten Gewerkschaftsverbände des Landes nahmen den Angaben zufolge rund zwei Millionen Arbeitnehmer teil. Beeinträchtigt wurden außer dem Flug- auch der Fährverkehr und der öffentliche Nahverkehr in Athen. Die deutsche Lufthansa strich nach Angaben eines Sprechers zwölf Flüge von und nach Athen. Den Kunden seien Umbuchungen angeboten worden.

Zudem blieben am Mittwoch in Griechenland die Schulen und die Ministerien geschlossen. Hotels und Taxis wurden dagegen nicht bestreikt. Die Gewerkschaften wandten sich mit dem Streik gegen die Lohnpolitik und Reformen im Rentensystem der konservativen Regierung.

Quelle: ntv.de

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