Auf dem Bau, in der Bank Streiks und Urabstimmung
17.06.2002, 06:21 UhrIm deutschen Bau-Gewerbe hat am Montag der erste große Streik der Nachkriegsgeschichte begonnen. Mit Beginn der Frühschicht traten nach Gewerkschaftsangaben mehr als 8.000 Beschäftigte in den Ausstand. Schwerpunkte waren Berlin, Hamburg und das Ruhrgebiet.
Die Streiks liefen vor allem auf Großbaustellen an. Insgesamt wurden nach Gewerkschaftsangaben 400 Baustellen lahm gelegt.
Klaus Wiesehügel, Chef der IG Bauen-Agrar-Umwelt, kündigte an, den Arbeitskampf nach und nach auf das gesamte Bundesgebiet auszuweiten, falls die Arbeitgeber kein verhandlungsfähiges Angebot vorlegen. Die Arbeitgeber warfen der Gewerkschaft vor, mit ihrem Streik die Krise der Bauwirtschaft weiter zu verschärfen.
Zugleich gab es von beiden Seiten Signale für eine baldige Rückkehr an den Verhandlungstisch. Der Hauptgeschäftsführer des Bauindustrie-Verbandes, Michael Knipper, kündigte bereits ein verbessertes Angebot an. Erste Gelegenheit für Sondierungsgespräche ist ein Treffen am Dienstag in Wiesbaden, an dem die Verhandlungsführer beider Seiten teilnehmen. Möglicherweise noch in dieser Woche wird es neue Verhandlungen geben.
Die IG BAU fordert für die bundesweit noch 850.000 Beschäftigten Einkommenserhöhungen von 4,5 Prozent. Die Arbeitgeber bieten für dieses und nächstes Jahr eine stufenweise Erhöhung von 3,0 und 2,1 Prozent. Streit gibt es insbesondere über die Anhebung der Mindestlöhne in den neuen Ländern. Die ostdeutschen Arbeitgeber lehnen dies bislang ab.
Banken beginnen Urabstimmung
Im Tarifkonflikt des Bankgewerbes mit seinen 460.000 Beschäftigten hat am Montag die Urabstimmung begonnen. Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di startete die Abstimmung bei der Deutschen Bank 24 in Kiel und dann in Nordrhein-Westfalen.
Erste Abstimmungsergebnisse belegten in NRW eine Zustimmung von rund 90 Prozent für Streiks, berichtete ver.di in Düsseldorf. An diesem Mittwoch sollen in Nordrhein-Westfalen 400 Filialen von Großbanken bestreikt werden.
Ver.di fordert eine 6,5-prozentige Erhöhung der Gehälter, der Arbeitgeberverband hat seinen Mitgliedern empfohlen, auf freiwilliger Basis ohne Tarifvertrag eine Gehaltserhöhung von 3,1 Prozent zu zahlen.
Diese außertarifliche Gehaltserhöhung wird nach Einschätzung des Arbeitgeberverbands von allen Mitgliedsbanken mitgetragen. "Schon 1999 haben in einer ähnlichen Situation alle mitgezogen", sagte der Geschäftsführer des Arbeitgeberverbandes des privaten Bankgewerbes, Gerd Benrath, in Berlin. Ihm sei bislang nicht bekannt, dass nun zum Juli eines der 135 Mitglieder ausscheren wollte.
Zu weiteren Verhandlungsmöglichkeiten in dem Tarifkonflikt äußerte sich Benrath zurückhaltend. Zunächst müsse einmal die Intensität der Streiks abgewartet werden, die bislang noch verkraftbar gewesen seien.
Quelle: ntv.de