Politik

Neuer Tiefpunkt Streit in der Koalition

Die Stimmung in der großen Koalition bleibt angespannt. In der "Berliner Zeitung" forderte der SPD-Fraktionsvorsitzende Peter Struck Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble und Verteidigungsminister Franz Josef Jung (beide CDU) auf, mehr Feingefühl zu zeigen. "Niemand darf sich wundern, dass die Wochenend-Interviews von zwei CDU-Ministern unsere Leute provoziert haben. Ich rate Herrn Schäuble und Herrn Jung dazu, in Zukunft Rücksicht auf die Positionen ihres Koalitionspartners zu nehmen, dann können wir zu einem vernünftigen Arbeitsklima zurückkehren."

Er hoffe, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) den beiden Ministern klar gesagt habe, "dass man so nicht mit den Sorgen der Menschen um terroristische Gefahren umgehen darf". Ohne konkreten Themenbezug sagte Struck, er sei manchmal "erstaunt, wie die Kanzlerin Debatten laufen lässt".

Schäuble hatte vor einem nuklearen Terroranschlag gewarnt und hinzugefügt, man solle sich in der verbleibenden Zeit aber nicht in Weltuntergangs-Stimmung versetzen lassen. Jung hatte erklärt, er werde im Notfall den Befehl zum Abschuss eines von Terroristen gekaperten Passagierflugzeugs geben, und damit eine heftige innenpolitische Diskussion ausgelöst.

Struck, bis 2005 selbst Verteidigungsminister, verteidigte den Bundeswehrverband, der Piloten angesichts von Jungs Abschuss-Ankündigung Befehlsverweigerung empfohlen hatte: "Bundeswehrsoldaten dürfen nicht dazu angehalten werden, rechtswidrigen Befehlen zu folgen. Das lernt jeder Wehrpflichtige im ersten Monat."

Opposition in der Regierung

Die Stimmung in der großen Koalition ist nach Aussage des stellvertretenden Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfaktion, Wolfgang Bosbach, an einem Tiefpunkt. Er sei "nicht mehr unterschreitbar", sagte er der "Westdeutschen Zeitung". "Die SPD findet es gut, Opposition in der Regierung zu machen. Das bestätigt alle Vorurteile der Bürger gegenüber der Politik. Davon wird keiner profitieren."

Zugespitzte Passage

Vize-Regierungssprecher Thomas Steg sagte im Namen der Kanzlerin, es müsse alles vermieden werden, was zur Verunsicherung der Bevölkerung führe. Andererseits müsse auch auf die erhöhte Sicherheitslage reagiert werden. Merkel war zuvor mit Beck und Vize-Kanzler Franz Müntefering (SPD) zusammengetroffen. Sie gehe davon aus, dass sich die Koalition auf "praxistaugliche, aber auch verfassungsrechtlich saubere" Antworten bei der inneren Sicherheit verständigen werde, sagte Steg.

Schäuble hat nach den empörten Reaktionen des Koalitionspartners SPD und der Opposition seine warnenden Äußerungen zu möglichen atomaren Terroranschlägen inzwischen abgeschwächt. Eine entsprechende Interviewpassage vom vorigen Wochenende sei zugespitzter freigegeben worden als sie der Minister gemeint habe, sagte ein Sprecher seines Ministeriums in Berlin.

Quelle: ntv.de

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