Was wird aus Omas Haus? Streit um Erbschaftsteuer
01.02.2007, 07:56 UhrNormale Einfamilienhäuser sollen auch künftig ohne Steuerbelastung in der Familie vererbt werden können. Auf diesen Grundsatz verpflichteten sich am Donnerstag Politiker von CDU und SPD, nachdem das Bundesverfassungsgericht am Vortag Teile der Erbschaftsteuer gekippt hatte. "Oma ihr klein' Häuschen soll unangetastet bleiben", versicherte Bayerns Finanzminister Kurt Faltlhauser. Die Bundesländer einigten sich darauf, die geplanten Steuervorteile für Betriebserben noch in diesem Jahr einzuführen. In der Koalition bahnt sich unterdessen ein Streit über höhere Steuern für vererbte Großvermögen an.
"Niemand muss sich sorgen", versprach der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Joachim Poß mit Blick auf die Millionen Eigenheimbesitzer. Freibeträge zum Schutz kleiner und mittlerer Erbschaften blieben selbstverständlich erhalten, sagte er der "Frankfurter Rundschau". Derzeit beträgt der Freibetrag für Ehegatten 307.000 Euro, für jedes Kind 205.000 Euro. Zusätzlich wird dem Ehegatten ein Versorgungsfreibetrag von 256.000 Euro gewährt. Faltlhauser sagte, möglicherweise müssten in Folge des BVG-Urteils diese Summen erhöht werden.
Die Karlsruher Richter hatten die unterschiedliche Bewertung von privaten Immobilien, Firmenwerten, bäuerlichen Betrieben und Kapitalvermögen als verfassungswidrig verworfen. Der Politik trugen sie auf, bis Ende 2008 einheitliche Maßstäbe zu finden, die sich an den Marktpreisen anlehnen. Bis dahin gilt das alte Recht fort. Immobilien werden derzeit im Schnitt nur mit 50 Prozent ihres Verkehrswertes besteuert. Ist eine einheitliche Bewertungsgrundlage gefunden, darf der Gesetzgeber in einem zweiten Schritt aber weiter bestimmte Teile von verschenktem oder vererbtem Vermögen begünstigen, zum Beispiel durch Freibeträge.
Die Erbschaft- und Schenkungsteuer steht den Ländern zu. Im vergangenen Jahr spülte sie dem Fiskus rund 3,8 Milliarden Euro in die Kassen. Der Satz beträgt je nach Verwandtschaftsgrad und Höhe des vererbten Vermögens zwischen sieben und 50 Prozent.
Umsetzung bis Mitte des Jahres
Faltlhauser sagte, die Länderfinanzminister hätten sich darauf geeinigt, die von den Verfassungsrichtern geforderten neuen Bewertungsmaßstäbe binnen sechs Monaten aufzustellen. Dazu würden sie bald einen eigenen Vorschlag machen. Dabei werde nicht an Steuererhöhungen gedacht, sagte Baden-Württembergs Ressortchef Gerhard Stratthaus. Auch der CDU-Finanzpolitiker Otto Bernhard beteuerte: "Wir sind gegen eine Erhöhung der Steuersätze." Da Immobilien aber künftig höher bewertet würden, werde es "automatisch zu einer gewissen Steuererhöhung" kommen.
Mit den erwarteten Mehreinnahmen könnten die Länder ihre Steuerausfälle von rund einer halben Milliarde Euro abfedern, die durch das geplanten Gesetz zur leichteren Betriebsübergabe entstehen werden. Es sieht vor, produktives Firmenvermögen binnen zehn Jahren von der Steuer zu befreien, wenn die Erben den Betrieb vergleichbar fortführen. Faltlhauser sagte, die Finanzminister seien sich einig, das Gesetz trotz des Urteils rückwirkend zum 01. Januar 2007 in Kraft setzen zu wollen.
Konfliktstoff in der großen Koalition birgt der Spruch des Verfassungsgerichtes wegen der alten Forderung der SPD-Linken, Erben von Großvermögen stärker zur Ader zu lassen. "Es muss geprüft werden, ob besonders hohe Erbschaften schärfer besteuert werden", forderte Poß. Der Sprecher der SPD-Linken im Bundestag, Ernst-Dieter Rossmann, bekräftigte, große Erbschaften sollten stärker für den Erhalt sozialer Gerechtigkeit herangezogen werden. Die Parlamentarische Linke dringt zudem darauf, dass der Erhalt der Arbeitsplätze Bedingung für die geplante Steuer-Stundung bei Betriebsübergaben sein muss.
Quelle: ntv.de