Bayern stellt sich quer Streit um Finanzhilfen
04.02.2009, 17:46 UhrMit ungewissen Erfolgsaussichten starten Bund und Länder an diesem Donnerstag in die entscheidende Verhandlungsrunde über eine Begrenzung der Verschuldung. Ein Kompromiss in der Föderalismuskommission könnte am Einspruch Bayerns scheitern. Im Gespräch ist eine Defizitgrenze von 0,5 Prozent der Wirtschaftsleistung bei Zinshilfen für hoch verschuldete Länder.
Diese Länder sollen nach einem Entwurf für die Finanzreform Hilfen in Höhe von einer Milliarde Euro pro Jahr erhalten, wovon Bund und reichere Länder je die Hälfte aufbringen sollen, hieß es in Berliner Kreisen der Föderalismuskommission II. SPD-Fraktionschef Peter Struck habe signalisiert, dass der Bund zu dieser solidarischen Hilfe trotz der Lasten durch Wirtschaftskrise und Konjunkturpakete bereit sei. Diese Zinshilfen sollen entweder von 2010 oder 2011 an und insgesamt sieben Jahre lang gezahlt werden.
Kategorisches "Nein" von Bayern
Unmittelbar vor der abschließenden Klausurtagung blieben die Fronten zwischen Geberländern und den ärmeren Bundesländern jedoch verhärtet. Die FDP hält die vor zwei Jahren eingesetzte Kommission gemessen an ihrem umfassenden Auftrag für gescheitert. Die Bundesregierung ist nach Worten ihres Sprechers Ulrich Wilhelm an einem Erfolg interessiert und hält eine Schuldenbremse für den richtigen Weg.
Zwischen den Ländern ist strittig, ob ein Schuldenverbot mit Hilfen für finanzschwache Länder verbunden werden soll. Bayern lehnt dies kategorisch ab. "Ich habe der Kanzlerin gesagt, dass das mit uns nicht geht", sagte CSU-Ministerpräsident Horst Seehofer in München. Neue Finanzhilfen für andere Länder seien für Bayern nicht denkbar. Auch aus Baden-Württemberg kamen Warnungen. Die mitregierende FDP will den bisher angedachten Kompromiss nicht mittragen und droht Ministerpräsident Günther Oettinger mit einem Veto im Bundesrat.
Die finanzschwachen Länder Bremen, Schleswig- Holstein, Berlin und das Saarland wollen einer Schuldenbremse ohne zusätzliche Zuwendungen für sie nicht zustimmen, wie eine Umfrage der dpa ergab.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion und Vize-Vorsitzende der Föderalismuskommission, Ernst Burgbacher, zeigte sich enttäuscht über das mögliche Ergebnis. Von den Zielen der Kommission sei nur eine Schuldenbegrenzung übriggeblieben. Sollte es dazu kommen, genüge dafür nicht ein einfaches Gesetz. Die Schuldenbremse müsse in das Grundgesetz aufgenommen werden und über Artikel 115 hinausgehen. Danach dürfen im Regelfall die Einnahmen aus Krediten die Investitionen nicht überschreiten.
Neuordnung der Bundesländer erst später
Die mit 32 Vertretern von Bund und Ländern besetzte zweite Föderalismuskommission war im Dezember 2006 eingesetzt worden, nachdem zuvor die Gesetzgebung zwischen Bund und Ländern neu geregelt worden war. Unter Vorsitz von Struck und Baden-Württembergs CDU-Ministerpräsident Günther Oettinger wollte die Kommission die Finanzbeziehungen von Bund und Ländern grundlegend neu ordnen, einen Konsolidierungspakt gegen hohe Zinslasten und Sanktionen bei unzulässiger Verschuldung vereinbaren. Im Gespräch war auch eine Neuordnung der Bundesländer. Diese Aufgabe will Struck jetzt in einer dritten Föderalismuskommission angehen, wie er der "Frankfurter Rundschau" sagte.
"Ein Problem unseres Landes ist die Aufsplitterung in 16 Bundesländer", sagte Struck. "Nachfolgende Politikergenerationen" müssten diese Zahl reduzieren. Dabei gehe es auch darum, Entscheidungen auf Bundesebene zu erleichtern. Sie würden "heute durch den Bundesrat zu sehr erschwert", sagte er.
Struck sieht für die Föderalismuskommission zwei noch "gute Chancen für einen guten Abschluss." Der schleswig-holsteinische SPD-Vorsitzende Ralf Stegner, Vertreter der SPD-Fraktionen aller Landesparlamente, hält eine Schuldenbremse nur für möglich, wenn sie mit fairen Hilfen für diejenigen Länder verbunden wird, die aus eigener Kraft eine durchgreifende Haushaltskonsolidierung nicht bewältigen können.
Wirtschaftsverbände warnen vor Aufschub
Die Spitzenverbände der Wirtschaft drängen Bund und Länder trotz aller Widrigkeiten zu einer Einigung auf eine Schuldenbremse. "Bund und Länder müssen sich auf eine Schuldenbremse verständen", erklärten Industrie- und Arbeitgeberverband. BDI und BDA warnten davor, die Lösung des Problems auf die nächste Legislaturperiode zu verschieben.
Nicht nur für den Bund müssten enge verfassungsrechtliche Grenzen und verbindliche Tilgungsregeln für neue Kredite gelten. Auch die Länder benötigten eine effektive Regel, um Haushaltsnotlagen entgegenzuwirken. BDI und BDA plädierten erneut dafür, die zur Finanzierung der Konjunkturpakete aufgenommenen Kredite bis 2013 zu tilgen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) forderte an Stelle einer Schuldenbremse eine Steuersenkungsbremse.
Quelle: ntv.de