"Religiöse Zweifel" an Fähigkeiten Streit um Ministerinnen im Iran
22.08.2009, 16:08 UhrDie Nominierung von drei Frauen für das Kabinett von Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad hat zu einer scharfen Debatte unter iranischen Geistlichen geführt. Konservative Kleriker sprechen ihnen die Fähigkeit ab, ein Ministerium zu führen.
Ein ultrakonservativer Abgeordneter sagte der Zeitung "Tehran Emrus", es bestünden "religiöse Zweifel" an der Führungsfähigkeit von Frauen. Zudem wurde Kritik an einem designierten Minister laut, der nach argentinischen Angaben per internationalem Haftbefehl gesucht wird.

Präsident Ahmadinedschad verteidigte seine Entscheidung für Ministerinnen.
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"Es bestehen religiöse Zweifel an der Führungsfähigkeit von Frauen, das sollte die Regierung berücksichtigen", sagte der Abgeordnete Mohammed Taghi Rahbar der konservativen Zeitung. Seine Gruppierung im Parlament wolle dazu den Rat des obersten geistlichen Führers des Landes, Ayatollah Ali Chamenei, einholen. Sollte Chamenei sich dazu äußern, werde sich die religiöse Gruppierung seiner Meinung anschließen. Zudem sagte Rahbar der Zeitung, er werde in seiner Ansicht von ranghohen Geistlichen wie Ayatollah Nasser Makarem Schirasi und Lotfollah Safi Golpaigani unterstützt, die von Ahmadinedschad fordern, ihre Bedenken zu berücksichtigen.
"Fähig, soziale Aktivitäten zu vollbringen"
Ayatollah Jussef Tabataba, der in Ispahan wöchentlich die Freitagspredigt hält, sagte derselben Zeitung, er hoffe, dass das Parlament die Worte des Präsidenten zu Ministerinnen "nicht akzeptieren" werde. Ahmadinedschad hatte am Donnerstag seine Entscheidung verteidigt, Frauen ins Kabinett zu holen. Die Entscheidung sei das Ergebnis einer "gründlichen Untersuchung".
Demgegenüber unterstützte der reformorientierte Geistliche Hossein Mussawi Tabrisi die Nominierung der Frauen für Ministerposten. Frauen seien "fähig, verschiedene soziale Aktivitäten zu vollbringen", darunter auch Ministeraufgaben, sagte er der reformorientierten Zeitung "Aftab-e Jasd".
Wirbel um designierten Verteidigungsminister
Zuvor war auch der designierte iranische Verteidigungsminister Ahmed Wahidi in die Kritik geraten. Nach Angaben der argentinischen Staatsanwaltschaft wird er wegen mutmaßlicher Beteiligung an einem Anschlag in Buenos Aires vor 15 Jahren per internationalem Haftbefehl gesucht. Zudem liege gegen ihn ein argentinischer Haftbefehl vor, sagte Staatsanwalt Alberto Nisman. Er soll in einen Anschlag auf ein jüdisches Kulturzentrum im Juli 1994 verstrickt sein, bei dem 85 Menschen getötet und 300 verletzt wurden.
Das argentinische Außenministerium bezeichnete die Nominierung Wahidis als einen "Affront gegen die argentinische Justiz und die Opfer der Terrorattacke". Seine Nominierung sei mit "ernsthafter Besorgnis" aufgenommen worden. Ein Sprecher des US-Außenministeriums bezeichnete es als "beunruhigend", sollte Wahidi Verteidigungsminister werden und tatsächlich von der internationalen Polizeibehörde gesucht werden.
Teheran wies die Informationen scharf zurück und bezeichnete den Vorfall als "zionistische Verschwörung". "Das kann nicht richtig sein", sagte ein Sprecher Ahmadinedschads. Andernfalls seien er und die iranische Polizei über einen Haftbefehl informiert worden.
Vertrauter Ahmadinedschads suspendiert
Der iranische Rechnungshof suspendierte unterdessen laut einem Zeitungsbericht Ahmadinedschads engen Vertrauten Esfandiar Rahim Maschaie für zwei Monate wegen angeblichen früheren Machtmissbrauchs vom Dienst. Er habe einem Angestellten der Organisation für Tourismus und kulturelles Erbe, die er während Ahmadinedschads erster Amtszeit leitete, "finanzielle Befugnisse" gewährt, berichtete die iranische Wirtschaftszeitung "Sarmajeh".
Merkels "Psychokrieg"
Unterdessen will das iranische Parlament im Atomstreit nach der Drohung von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit weiteren Sanktionen die diplomatischen Beziehungen zu Deutschland überprüfen. Das sagte ein Sprecher des außenpolitischen Ausschusses des Parlaments in Teheran, Mohammed Karami, der Nachrichtenagentur Fars. "Der Westen weiß sehr genau, dass wir bei unserem Atomprogramm keine (militärischen) Ziele verfolgen, daher werden Merkels Bemerkungen vom Parlament gründlich überprüft und die künftigen Beziehungen zu Deutschland dementsprechend bestimmt", sagte Karami.

Merkels Aussagen sollen im iranischen Parlament untersucht werden.
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Merkel hatte der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" zu den auf Eis liegenden Atomverhandlungen gesagt: "Wenn es keine Fortschritte gibt, müssen wir mit weiteren Sanktionen reagieren. Es darf keine Atombombe in der Hand Irans geben, dessen Präsident ständig die Existenz Israels in Frage stellt."
Der iranische Abgeordnete Karami bezeichnete die Bemerkungen Merkels als "Psychokrieg" gegen den Iran und spekulierte, sie erhoffe sich von solchen Äußerungen Stimmen bei der bevorstehenden Bundestagswahl. Merkel hat Präsident Ahmadinedschad nicht zu seiner Wiederwahl im Mai gratuliert und damit auch das Parlament verärgert.
Quelle: ntv.de, AFP